Überfahrt von Korsika nach Menorca

Sonnenuntergang auf See

Bei meinem Geburtstagskaffe und einem Pain au chocolat in unserem Lieblingscafé, dem Café der Platanen, am Hauptplatz von L‘Ile Rousse studieren wir den 10. Wetterbericht. Wie bereits die 9 vorangegangenen Berichte sieht der Wind günstig für die Überfahrt aus, die Gewittergefahr gegen Ankunft auf Menorca allerdings eher weniger gut. Nach Konsultation des lokalen spanischen Wetterberichts und angesichts der mittelfristigen Vorhersage - starker anhaltender Mistral für die ganze nächste Woche, der eine Überfahrt für uns ausschließt - entschließen wir uns aufzubrechen. Zurück am Boot bei unseren Freunden Julia und Gugi, briefen wir sie kurz beim Frühstück, machen eine Sicherheitsunterweisung, schwimmen eine letzte Runde im türkisen Wasser, verstauen alles sicher und lichten den Anker. Vor uns liegen mindestens 285 Seemeilen, sprich mit unserem Boot ca. 50 Stunden am Wasser. Das ist auch für uns eine neue Erfahrung, denn unsere längste Fahrt war nur eine Nacht, 100 Seemeilen, 18 Stunden.

Unter Leichtwindsegel düsen wir sportlich bei guten Bedingungen Richtung Westen. Mit zunehmendem Wind und gegen Abend hin bergen wir das Leichtwindsegel, verkleinern unsere Segelfläche und drehen Richtung Südsüdwest entlang der korsischen Westküste ab. Die erste Nacht zeigt sich abwechslungsreich mit einem kurzen Windloch vor Korsikas Hauptstadt Ajaccio und sportlichem Wind vor dem Morgengrauen bei der Straße von Bonifacio. Jeweils zu zweit bewältigen wir in 3-4 Stunden Schichten wir die erste Nacht souverän. Ab der Morgenschicht ist kein Land mehr in Sicht, das bleibt euch so für die nächsten 24 Stunden. Nur wir vier, unser Boot, der Wind und das Meer. Ohne besondere Ereignisse vergeht der Tag wie im Flug und mit gutem Fortschritt. Unser 18 Stunden alter Wetterbericht sagt sterbenden Wind voraus, was sich bewahrheitet, daher motorsegeln wir die zweite Nacht mit direktem Kurs auf Mahon, Menorca. Wir empfangen den ersten spanischen Wetterbericht über Funk. Zu unserer Beruhigung sind keine ungünstigen Bedingungen angesagt. Lediglich ein Meteotsunami der den Meeresspiegel um 70 cm anhebt - ein uns bis dahin unbekanntes Wetterereignis, welches nach späterer Recherche, allerdings relativ regelmäßig auf den Balearen auftritt. Durch Luftdruckunterschiede steigt dabei der Wasserspiegel lokal an. Vom Meteotsunami sollen wir nichts mitbekommen, das Phänomen ist vorüber bis zu unserer Ankunft.

Nach einer Nacht geprägt vom monotonen Nageln unseres Flautenschiebers und Blitzen entfernt am Horizont, die uns jedoch angenehm fern bleiben, können wir am frühen Nachmittag des nächsten Morgens noch die letzten 3 Stunden bis nach Mahon segeln.

Der „Land in Sicht“ Moment erfordert den Wolken geschuldet, ein sehr gutes Auge. Auf den letzten Seemeilen liefern wir uns noch einen Regattawettkampf mit einem anderen Segelboot. Der Ausgang ist allerdings nicht ganz eindeutig, da unser Konkurrent relativ früh die Segel einholt.

Mit einer Mischung aus Freude auf festen Boden und ein wenig Wehmut, weil wir uns gerade gut ans Segeln gewöhnt haben, laufen wir in den spektakulären Naturhafen von Mahon ein. Mit einer Länge von über 4 km vom Eingang bis zum Ende ist es der größte Naturhafen des Mittelmeeres. Zuerst fahren wir an unbesiedeltem Land vorbei und können den Kühen beim Grasen zusehen, später zieht die ganze Stadt an uns vorbei bis wir an unserem Liegeplatz ganz am Ende der Bucht festmachen.

Die Bilanz unserer Überfahrt in Zahlen:

  • Distanz: 284 Seemeilen, davon unter Segel: 193 Seemeilen

  • Zeit: 2 Tage 5 Stunden 18 Minuten

  • Durchschnittsgeschwindigkeit: 5,3 Knoten

  • Anzahl gesehener Sonnenuntergänge: 1

  • Entgangene Gewitter: 2

  • Tierwelt: eine vermeintliche Schildkrötensichtung (Wahrscheinlichkeit gering), eine Schwalbe, die uns für 3 Stunden begleitet hat

  • Anzahl der eingenommenen Seekrankheitstabletten: eine Halbe (Julia)

  • Seekrank inklusive Erbrechen: 0

Zuerst noch motiviert, die Stadt zu erkunden, schaffen wir es an diesem Abend nicht mehr weiter als bis zur Dusche - immerhin. Es ist so ruhig an unseren Liegeplatz, dass einzelne Crewmitglieder behaupten noch am Boot Landkrankheit zu verspüren. Nach einigen Feierabendbieren schlafen wir königlich.

Der Umzug der Riesen

Am nächsten Tag empfängt uns Mahon mit dem Ende des Erntedankfests. Nach einem Tag in der wir die Stadt erkunden und den Genüssen des Landes frönen, erleben wir den Umzug der Riesen durch die Stadt. Danach gibt es Tapas zum Abendessen begleitet von diversen lokalen Livebands und um Mitternacht einen fulminanten Abschluss mit einem ordentlichen Feuerwerk.

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