St. Vincent und die Grenadinen: Von türkisblau bis sattgrün

Aus ist es mit der Ruhe. Wo in Pirates Bay 20 Boote lagen bekommen wir in Bequia einen Platz in der 5 Reihe im südlichen Teil der Bucht. Der Anblick der Masten ist erdrückend, denn es liegen hier sicher über 200 Boote. Zumindest ist die Bucht riesengroß, der Anker hält und wir sehen schon beim Aussuchen des Ankerplatzes eine Schildkröte. Nach dem obligatorischen Manöverschluck und Ankercheck, geht es mit unserem Dinghy (unser kleines Beiboot) an Land zum Einklarieren. Wir schlängeln uns durch das Ankerfeld entgegen der kleinen Windwelle die sich so weit hinten in der Ankerbucht schon unangenehm aufbaut. Spätestens als wir die Floating Bar passieren, sind die Gemüter wieder hell.

An Land angekommen heben wir East Caribbean Dollar ab, eine - außer auf den französischen Inseln -weitverbreitete Gemeinschaftswährung in der südlichen Karibik. Das Einklarieren gestaltet sich sehr einfach, man merkt die Routine der Beamten. Der Zöllner verspeist genüsslich ein Eis, während er unsere Dokumente checkt und in 30 min sind wir fertig. Wir starten direkt eine kleine Erkundung. Es bietet sich ein ordentlicher Kontrast zum ursprünglichen Charlotteville. Bequia zeigt sich touristisch - dem westlichen und amerikanischen Auge wohlgesonnene kleine Hütterl und Restaurants mit Pizza, Burger und was sonst noch gern im Urlaub verspeist wird. Es tummeln sich überall weiße Yachties. Wir ergreifen die Chance und laben uns an einer amerikanischen Pizza (wobei man an dieser Stelle mit unserer Italien Erfahrung erwähnen muss, dass lediglich die Form was mit Pizza zu tun hat) mit extra Käse mehligem Teig und belegt mit Jalapeños. Wir verfeinern das Ganze noch mit karibischer Hot Sauce um den Junk-Food Faktor zu erhöhen und genießen sie als sehr willkommene Abwechslung zur sonst sehr einfachen Karibiknahrung. Dazu gibt’s unseren ersten Rum Punch. Danach sind wir absolut vollgefressen und quälen unser Dhingy im Finsteren zurück zum Boot, das bei den unendlich vielen weißen Ankerlichtern gar nicht so einfach zu finden ist.

Am nächsten Tag erledigen wir Einkäufe, bringen den Müll weg und enden auf der Suche nach Essen bei einer Rum Punch Aktion direkt am Wasser wo wir gemütlich dem Sonnenuntergang zuschauen. Zurück am Boot kochen wir mit der mitgebrachten Wurst von Stefan Erdäpfelgulasch für den darauffolgenden Silvestertag. Natürlich köchelt es über den gesamten Silvestertag hinweg, wie es sich für ein gutes Gulasch eben gehört – wir sind es traditionsgemäß von unseren Silvesterfeiern daheim gewohnt zwei Tage für den Anlass zu kochen. Am nächsten Tag zu Mittag fahren unsere Freunde Bjerke und Levent von der Namai – von uns liebevoll Stahlsund genannt - mit ihren Freundinnen Kira und Charlotte ein. Wir begrüßen sie gebührend mit Tröten und Freudeschreien – haben wir uns zuletzt doch noch am anderen Ende des Altantiks in Mindelo bei unserer Henkersmahlzeit gesehen, bevor wir dann zusammen abgelegt haben.

Den Silvestertag verbringen wir alle zusammen gemütlich mit kochen, schwimmen, musizieren und plaudern bevor es auch für unsere Freunde noch zum Einklarieren geht. Am Rückweg bleiben wir alle zusammen noch auf ein Getränk in der Floating Bar stehen. Somit waren wir mit Bjerke und Levent auf beiden Seiten des Atlantiks zusammen in der Floating Bar. Wie schon am Nachmittag es geht am Abend munter weiter. Wir verspeisen unser Erdäpfelgulasch zusammen mit französischem Baguette, das die Stahlsunds mitgebracht haben – das beste Brot, das wir seit langem gegessen haben! Ansonsten spielen wir Karten, trinken Rum Punch aus der Kokosnuss, gehen Nachtschwimmen, trinken Glühwein (dann wird auch die Kokosnuss zur Glühkosnuss), Stefan revanchiert sich bei Levent im Schachspiel und natürlich schauen wir uns um Mitternacht das Feuerwerk vom Vordeck aus an. Dann wird der Abend nochmal besonders, denn Levent macht Charlotte noch während dem Feuerwerk einen Hochzeitsantrag. Das musste dann natürlich nochmal besonders ausgiebig gefeiert werden!

Nach dem lustigen und langen Silvesterabend ist wie gewöhnlich der Neujahrstag ein ruhiger Tag. Am Nachmittag wollen wir aber dann doch noch etwas von Bequia sehen und so machen wir uns zu dritt am Weg zum Strand, wo wir noch einen kleinen Spaziergang machen bevor wir uns in einem Lokal einen Sundowner genehmigen. Den Abend verbringen wir wieder zu 7. in unserem kleinen Cockpit, essen Spaghetti Bolognese, diesmal von den Stahlsunds gekocht und spielen Karten.

Am nächsten Tag geht es für uns gemeinsam mit den Stahlsunds weiter zu einem Must See in der Karibik: einem kleinen Inselarchipel der Grenadinen namens Tobago Cays. Sie liegen etwa 25 Seemeilen südlich von Bequia – die bisher kürzeste Distanz für uns in der Karibik und so ankern wir nach einem gemütlichen 4-stündigen Segler auch schon wieder in türkisblauem Wasser auf 5 Meter Tiefe. Nur das Riff schützt hier die Ankerbucht vor der Welle und der Passat bläst unaufhaltsam mit 20-25 Knoten. Wir fahren zum Sonnenuntergang gegen Wind und Welle zusammen im Dinghy der Stahlsunds zu einer der Inseln, doch für einen gemütlichen Sundowner ist es zu windig und daher gehen wir einfach nur baden.

Die nächsten Tage schnorcheln wir an verschiedenen Stellen des Riffs bei 1-2 Meter Tiefe. Das Riff selbst ist leider nicht mehr das gesündeste und viele Koralle sind schon ausgeblichen. Trotz allem gibt es sehr viele Fische und andere Meeresbewohner und wir sehen neben vielen bunten Fischen auch Schildkröten, Rochen und sogar zwei Mal einen Ammenhai.

Eine kleine Schildkröte……und plötzlich ein Ammenhai.

Gefleckter Adlerrochen

Zusammen mit den Stahlsunds machen wir uns eine lustige Zeit und erkunden nicht nur die Unterwasserwelt, sondern auch einige der kleinen Inseln. So besteigen wir auch den höchsten Punkt einer der Inseln und genießen von dort aus den Sonnenuntergang. Am Abend kochen und essen wir zusammen uns spielen danach meist noch was.

Außerhalb des Riffs liegt noch eine weitere Insel -Petit Tabac und als wir herausfinden, dass auf dieser Insel Fluch der Karibik gedreht wurde und nicht nur irgendeine Szene, sondern die bei uns an Bord beliebt zitierte „Why is the rum gone?“-Szene mit Johnny Depp und Keira Knightley, ist für uns klar, dass wir dorthin müssen. Leider wurde die Insel beim letzten Hurricane im Juni erwischt und es stehen nur noch wenige Palmen. Bei der Inselerkundung entdecken wir einige Einsiedlerkrebse doch leider keine Schatzkarte. Immerhin entdeckt Levent eine zurückgelassene, halbvolle Rumflasche, von der zumindest der ein oder andere Mutige etwas trinkt.

Nach 5 lustigen Tagen mit den Stahlsunds müssen wir uns leider auch schon wieder verabschieden, denn für Charlotte geht es wieder zurück nach Deutschland. Wir bleiben hingegen noch eine weitere Nacht in dem Inselparadies bevor wir uns auf dem Weg zur 45 Seemeilen entfernten Hauptinsel St. Vincent machen. Wir entscheiden uns über Nacht zu fahren und so lichten wir um 22 Uhr den Anker. Um nicht aufs Riff aufzulaufen, halten wir uns zusätzlich zur Seekarte an den Weg, den wir Tage zuvor reingefahren sind. Außerhalb der Riffs setzen wir die Segel und segeln bei einem gemütlichen am Wind Kurs durch die Nacht. Sobald wir in den frühen Morgenstunden die Südspitze von St. Vincent erreicht, haben wir hinter der Inselabdeckung auch keinen Wind mehr und müssen motoren. Nach 9,5 Stunden erreichen wir dann die im Nordwesten gelegene Bucht Chateaubelair Bay. Sie ist sehr ursprünglich und erinnert uns etwas an Pirate‘s Bay von Tobago. Während Peter und Stefan das Dorf erkunden, bleibe ich mit leichtem Fieber an Bord und verschlafe den Tag. Die Leute hier haben nicht viel und versuchen einem alle etwas zu verkaufen. Hier ist es auch das erste Mal, dass wir den Burschen am Dinghy Dock etwas zahlen, damit sie auf unser Dinghy „aufpassen“. Wir begegnen allen Leuten immer Respekt und Freundlichkeit und versuchen von mehreren eine Kleinigkeit wie Obst oder Gemüse zu kaufen.

Unsere Reiseroute in St. Vincent und den Grenadinen

Am nächsten Tag geht es für uns zu gemeinsam mit zwei Guides zu den Dark Falls. Sie holen uns mit ihrem Holzboot von unserem Boot ab und gehen mit uns die Tour. Die Wanderung ist nicht sonderlich anstrengend und führt zuerst durchs Dorf und dann durch den Wald. Das Wetter zeigt sich nicht von seiner besten Seite und es nieselt immer wieder. Die Wasserfälle sind im grünen Dschungel und angenehm kühl. Stefan genehmigt sich beim oberen Wasserfall auch eine Dusche.

Am nächsten Tag in der Früh klarieren wir noch aus und sind überrascht, dass der Zollbeamte Österreich kennt. Er fragt uns: „Ah you are from Austria, are you from Fucking?“ Wir lachen und erklären ihm, dass der Ort jetzt in Fugging umbenannt wurde, damit nicht dauernd die Ortsschilder gestohlen werden. Wir haben blöderweise vorher im Geschäft noch fast alle karibischen Dollar ausgegeben und somit 3 Dollar zu wenig zum Ausklarieren, doch die Beamten meinen es passt schon und wir sollen einfach beim nächsten Mal ein Bier zahlen. Wir bedanken uns und verabschieden uns von St. Vincent und den Grenadinen – nächster Stopp ist leider auch schon Stefans letzter: Martinique.

Kurz vor Sonnenuntergang holen wir den Anker hoch und verlassen die Bucht von Chateaubelair. Die Segelbedingungen sind sehr ruhig und so können zwei von uns während der Überfahrt gut schlafen. Auffallend sind die vielen Kreuzfahrtsschiffe, die uns begegnen. Es sind riesige fahrende Städte, deren Beleuchtung wie ein Heiligenschein schon weit aus der Ferne - noch bevor das AIS Signal auf unserem Plotter aufscheint - zu sehen ist. Wir merken wir kommen in touristischere Gebiete. In Nacht geht es an St. Lucia vorbei und wir können leider nur im Finsteren die berühmten Pitons ausmachen. Zu gerne hätten wir auch noch einen Stopp eingelegt. Ab den Morgenstunden wird das Wetter wieder unberechenbarer. Immer wieder ziehen Squalls durch und so ändert sich nicht nur die Windstärke plötzlich, sondern auch die Windrichtung. Wir versuchen in die Marina zu kreuzen bis wir bei einem kurzen Anruf klären, dass die Marineros nur bis 14 Uhr da sind und wir bis dahin auch anlegen sollten. Nachdem wir nur noch eine Stunde Zeit haben und noch 5 Seemeilen vor uns liegen, schmeißen wir doch den Motor an und fahren so direkt und schnellstmöglich in die kleine Marina Pointe du Bout. Die Einfahrt und auch die Boxengassen sind sehr eng und wir sind froh kein größeren Boot zu haben. Wir legen souverän an - es ist die erste Marina seit Mindelo - dazwischen liegt ein Ozean, eine 16-tägige Atlantiküberquerung und fast 3 Wochen Inselerkundungen in der noch recht ursprünglichen südlichen Karibik.

Überfahrt von St. Vincent nach Martinique:

  • Distanz: 90 Seemeilen, davon unter Segel: 76 Seemeilen

  • Motorstunden: 3 Stunden

  • Zeit: 20 Stunden 26 Minuten

  • Durchschnittsgeschwindigkeit: 4,4 Knoten

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