Martinique: Baguette, Rum und Crewwechsel

Bei der Ansteuerung der Bucht von Fort de France, der Hauptstadt von Martinique, merken wir schnell, dass wir wieder in der uns gewohnten europäischen Zivilisation angekommen sind. Schon aus der Ferne können wir Kraftwerke, hohe Häuser und mehrere Kreuzfahrtschiffe erkennen. Ein ungewohntes Bild für uns bisher in der Karibik. Wir legen am Nachmittag in der Marina Pointe de Bout an und klarieren im Marina Office ein (als es dann endlich besetzt war). Jetzt sind wir offiziell wieder in der EU, denn Martinique ist in ein Überseedepartement von Frankreich. Das merken wir auch am einheimischen Handynetz, wo Roaming wie gewohnt wie in Europa funktioniert.

Am Abend gehen wir ein letztes Mal zu dritt essen, denn es ist schon der letzte Abend von Stefan. Wir gönnen uns in einem Strandlokal verschiedene kleine Tapas und dazu eine gute Flasche französischen Wein – endlich gibt es wieder mal etwas anderes als nur frittiertes Huhn oder frittierten Fisch mit Pommes oder Reis mit Gemüse. Wir sind wie im 7. Himmel. Und trotzdem sind wir froh, nicht Martinique als erste Insel angelaufen zu sein, denn so war der Abenteuerfaktor viel größer und wir schätzen auch das gute Essen und Brot - frisches Baguette ist einfach ein Traum - umso mehr!

Am nächsten Tag heißt es zuerst noch für Stefan zusammenpacken und wir nutzen auch die Gelegenheit das Boot zu putzen – schließlich sind wir zum ersten Mal in der Karibik in einer Marina und haben Zugang zu fließenden Süßwasser am Steg. Zu Mittag geht es dann los mit einer kleinen Inseltour. Zuerst besuchen wir einen kleinen lokale Kaffee- und Schokoladenshop bevor es schon zur ersten Rumdestillerie geht namens Trois Rivieres. Dort kann man selbst zu Fuß das kleine, aber schon angelegte Geländer erkunden uns dich über die Herstellungsschritte, die auf Tafeln beschrieben sind, informieren. Außerdem gibt es einen großen Shop mit Verkostung an der Bar, wo wir uns größtenteils aufhalten. Nach den obligatorischen Rumkäufen geht es auch schon weiter zu nächsten Destillerie. Die Habitation Clément ist, wie der Name schon sagt, ein ganzes Anwesen mit Rumdestillerie. Dort erkunden wir zuerst die riesige Gartenanlage, gehen dann durch ein kleines Zuckerrohrfeld und dann in die alte Destillerie Die Zuckerrohrpresse wurde damals mit Dampf angetrieben, wofür das schon gepresste Zuckerrohr verbrannt wurde. Die Melasse wird dann fermentiert und danach destilliert. Der Alkohol wird dann mit Wasser wieder verdünnt. Dies ist dann schon weißer Rum. Ein Teil davon wird dann noch zur weiteren Veredelung in Holzfässer gelagert. Dadurch bekommt der Rum die typisch braune Farbe und holzigen Geschmack. Weiter geht es für uns ins alte Herrenhaus, das noch in sehr guten Zustand ist und einen Einblick gibt, wie die  - zumindest die Besitzer des Anwesens – gelebt haben. Zum Abschluss darf eine Rumverkostung natürlich auch nicht fehlen.

Von der Destillerie geht es für uns direkt zum Flughafen, wo wir uns schweren Herzens von Stefan verabschieden müssen. Nach 2 Monaten an Bord geht es für ihn wieder zurück nach Österreich. Wir haben die gemeinsame Zeit sehr genossen und sind sehr dankbar, dass er uns ab Lanzarote über den Atlantik bis in die Karibik begleitet hat. Wir waren ein super eingespieltes Team und eine top WG auf einem nicht mal 10 Meter langen Boot. Danke für alles Prinzi, wir vermissen dich jetzt schon!

Doch lange haben wir gar nicht Zeit zu trauern, dann am nächsten Tag landen schon meine Eltern Herbert und Christa am Flughafen in Fort de France und sie werden die nächsten 3 Wochen zusammen mit uns reisen. Die Wiedersehensfreude ist nach fast einem halben Jahr natürlich sehr groß und muss bei einem gemeinsamen Abendessen natürlich auch gefeiert werden!


Ab hier ist es der Gastbeitrag von meinem Papa Herbert:

Geografisch gesehen ist Martinique gleichsam das Herz der Kleinen Antillen, politisch als Departement von Frankreich ein Teil der EU in der Karibik. Von unserem Liegeplatz in der Marina Point du Bout haben wir einen Blick auf die gegenüber der Bucht liegende Hauptstadt  Fort-de-France und den dahinter schlafenden und meist in Wolken gehüllten fast 1400 m hohen Vulkan Montagne Pelée. In der vom Tourismus geprägten Umgebung der Marina gibt es einige Strände, die uns erstmals in das karibische Flair eintauchen lassen.

Die erste Erkundung der Insel führt uns über teils abenteuerliche Wege (Navi sei Dank) im östlichen Teil der Insel zu einem Biobauern, wo Peter einen Brunch gebucht hat. Mitten im „Nirgendwo“ erfahren wir bei einer Führung durch die landwirtschaftlichen Gärten viel von der Problematik der Monokulturen und den Auswirkungen des Klimawandels auf die Reifezeiten der Früchte (Erntezeit teilweise im Februar anstatt im Juni). Beim anschließenden Brunch unter dem Schatten der Bäume, bei dem alle Speisen aus selbst produzierten Produkten zubereitet werden, genießen wir die lokale vegetarische Küche. Anschließend geht es weiter zu einem MUSS auf der Insel – einem Besuch einer Rumdestillerie – der Habitation Clement. Umgeben von einem schönen Park führt die Besichtigung durch die alte Destillerie, die die Tradition und die Rumproduktion aus vergangenen Tagen zeigt. Am Ende wird Rum verkostet und eingekauft. Rum ist omnipräsent auf den karibischen Inseln.

Auf einer Inselrundfahrt, die uns über das gebirgige Inselinnere zuerst nach Norden und dann an die Westküste nach St. Pierre führt, erleben wir so richtig, warum der Regenwald Regenwald heißt. Starker Regen begleitet uns durch eine ganz ungewohnte Vegetation. Die kurvige Straße schlängelt sich zwischen verschiedensten riesigen Farnen, Palmen, 20 Meter hohen Bambusstangen, die wie ein Dach über die Straße hängen, Gummibäumen und vielem mehr und zeigt uns die so üppige Flora. Wir halten bei kleinen Wasserfällen (Cascade Absalon  - Cascade du Saut du Gendarme), wo glasklares Wasser in das Becken hinabstürzt. Sehenswert ist der Jardin Balata, wo der Besitzer rund um ein kreolisches Haus einen Garten mit über 3000 tropischen Pflanzenarten aus aller Welt angelegt hat. An den Honigtränken kann man die immer quirligen Kolibris hautnah erleben und beim Rundgang die verschiedensten Blüten und Pflanzen mit herrlichem Ausblick über den Regenwald bis zum Meer bewundern.

Dass die Geschichte der Karibik stark vom Vulkanismus geprägt ist, lässt sich an der Geschichte von St. Pierre festmachen. Bis 1902 war sie die Hauptstadt der Insel, damals pulsierend und von Luxus geprägt. Am Morgen des 8. Mai 1902 wurde diese durch einen Ausbruch des Montagne Pelée binnen Minuten dem Erdboden gleichgemacht und 30.000 Menschen verloren ihr Leben. Es gab nur einen Überlebenden, einen Gefangenen der nach 3 Tagen in seiner Gefängniszelle gefunden wurde. Heute kann man noch die Grundmauern des Theaters und des angrenzenden Gefängnisses besichtigen. Das traurige an der Geschichte ist, dass sich der Ausbruch schon längst ankündigte und der Gouverneur wegen bevorstehender Kommunalwahlen mit Waffengewalt die Bevölkerung an der Flucht aus der Stadt gehindert hat.

Nach dem Ausflug in den Norden geht es zuerst entlang der Küste und dann über die chronisch verstopfte Stadtautobahn von Fort-de-France mit einiger Verspätung zurück zur Marina.

Nach den Tagen in der Marina wird es nun endlich Zeit mit Vaquita in See zu stechen. Wir segeln wenige Seemeilen Richtung Süden und ankern in der Bucht von Grande Anse d’Arlet. In der wunderschönen Bucht sehen wir immer wieder Meeresschildkröten, die nach Luft schnappen, zwischen den Booten auftauchen. Christa entdeckt ihre Liebe zum Schnorcheln, wobei wir die bunte Vielfalt an Fischen unter Wasser erleben und immer wieder eine Grüne Meeresschildkröte entdecken, mit der wir manchmal auch mitschwimmen können. Ein Naturschauspiel der besonderen Art sind auch die braunen Pelikane, die eine Flügelspannweite bis zu 2 m erreichen. Sie segeln über das Wasser und stürzen sich auf Fischjagd unermüdlich in Kamikazemanier ins Meer. Nicht minder beeindruckend sind die riesigen Fregattvögel, die eher anderen in der Luft ihre Beute abzujagen versuchen.

An Land führt uns der Wanderweg Morne Champagne in die Nachbarbucht Les Anses-d'Arlet. Der Fischerort ist geprägt durch eine charmante kleine Kirche, kreolischen Häuser, einer Flaniermeile, einem Sandstrand und einem ins türkisblaue Meer hinausragendem Ponton – einfach wunderschön.

Die nächsten beiden Tage verbringen wir dann auch vor Anker in dieser Bucht. Nach kurzen Regenschauern gibt es immer wieder wunderschöne doppelte Regenbogen zu bewundern.

Auf geht’s Richtung Norden nach St. Pierre und Abschied nehmen von den karibisch weißen Sandstränden. Endlich richtig segeln und das noch dazu an meinem 60. Geburtstag. Im 2. Reff mit 15 Knoten geht`s Richtung Norden. Auf Höhe von Fort-de-France lernen wir kennen, was ein Squall ist. Schwarze dunkle Wolken, einsetzender Regen und ein plötzlich über 35 Knoten ansteigender drehender Wind lässt mich das Boot in den Wind steuern. Nach wenigen Minuten ist der Spuk wieder vorbei und wir segeln bis in die Bucht vor St. Pierre, wo wir kurz vor Sonnenuntergang vor Anker gehen. Im Gegensatz zum Süden prägen schwarze Vulkansandstrände diesen Teil der Insel. Hier ankert auch schon Bjerke mit seiner Namai (aka Stahlsund), der zusammen mit seinem Mitsegler Levent gleichzeitig mit Ines ,Peter und Stefan von den Kapverden aus die Atlantiküberquerung gestartet hat. Am Abend wird noch Wiedersehen mit Bjerke und mein Geburtstag gefeiert. Am nächsten Tag besuchen wir St. Pierre, am Markt wird eingekauft und Wasser geholt, um für die Nachtfahrt nach Dominica gerüstet zu sein.

Um 21:30 Uhr heißt es Abschied nehmen von Martinique, Ines wechselt für die Nacht das Boot und unterstützt Bjerke auf der Namai. Bei unserer ersten Nachtfahrt spüren wir dann zwischen den Inseln erstmals die Wellen des Atlantiks. Am nächsten Morgen liegt Martinique hinter uns und wir lassen auf Dominica in der Prince Rupert Bay vor Portsmouth unseren Anker fallen.


Nützliche Tipps:

  • Ein- und ausklarieren kann man in Martinique an vielen unterschiedlichen Orten (Marinabüros, Kaffees, Restaurants usw.). Wir haben uns meist auf Noforeignland (App) danach umgesehen. Über den folgenden Link kann man alles vorab online ausfüllen und muss dann nur mehr vor Ort die Papiere ausdrucken und stempeln lassen. Das kostet meist 5 EUR, ungestempelt sind die Papiere allerdings ungültig. Wichtig sind vor allem die Ausklarierungspapiere für die Weiterreise auf eine andere Insel. Sign in · demarches-simplifiees.fr

  • Wir waren in der Marina Pointe du Bout, einer kleinen feinen Marina gegenüber von Fort de France mit vielen touristischen Restaurants . Die Preise sind moderat mit ca. 20 EUR pro Nacht. Dort haben wir uns ein Auto für 60 EUR am Tag von einer der lokalen Vermieter geborgt und sind damit um die Insel gedüst. Das funktioniert sehr gut, allerdings kann man auf Martinique zur falschen Zeit am falschen Ort relativ lange im Stau stehen, das sollte man bei der Reiseplanung berücksichtigen. Direkt in der Marina fährt auch regelmäßig eine Fähre nach Fort de France (ist schneller als mit dem Auto).

  • Bei unserem zweiten Besuch waren wir zuerst in der Marina von Le Marin und dann vor Anker. Dort liegen sehr viele Boote. Man kann dort bekanntlich exzellent Bootsarbeiten erledigen (lassen) und es gibt Chandleries in denen man eigentlich alles bekommt. Es gibt dort auch Mietwagenanbieter von denen man ein Auto für eine Inselerkundung bekommt. Bei Europcar hat uns das 60 EUR am Tag gekostet.

  • Es gibt zahlreiche Rumdestillerien, wir haben davon 3 (Clement, Trois Reviere und JM) besucht und konnten überall gratis sehr großzügig verkosten. Die Destillerien waren durch die Bank sehr nett hergerichtet und die Destillerie Clement hat ein ganzes Areal geschaffen, das einen Besuch auf jeden Fall wert ist. Für 13 EUR kann man sich dort gute 2+ Stunden aufhalten und bekommt auch am Ende wieder eine Verkostung von allem was man gerne kosten möchte. Unser Favourite Rhum: J.M. Terroir Volcanique :)

  • Den Brunch haben wir online bei Les saveurs de Waël um 50 EUR pro Person gebucht. Eine sehr interessante Erfahrung, allerdings ist die Führung nur auf französisch und die Anreise abenteuerlich. Man sollte sich dafür genügend Zeit nehmen. dafür gibt es exzellente lokale Gerichte aus dem Garten.

  • Proviantieren kann man auf Martinique exzellent, allerdings nicht überall. In vielen Buchten gibt es nur kleine Minimärkte mit variablen Öffnungszeiten und Angebot. In den großen Carrefours, Leaderprice und Auchans bekommt man dafür eine riesige Auswahl an Produkten zu meist erschwinglichen Preisen. In Le Marin geht das ganze sehr gut ohne Auto (dort gibt es einen Steg direkt neben dem Leaderprice) an anderen Orten kann das durchaus tricky werden. Falls man ohne Auto in einer der anderen Buchten proviantieren möchte, bietet sich Paradise Foods (App) an. Damit kann man online in einer Vielzahl an Buchten (aktuell Martinique, Guadeloupe, Bequia, St. Vincent, Sind Maarten) direkt an den Steg oder sogar direkt ans Boot bestellen. Die Preise sind in Ordnung, kein Leaderpriceniveau eher so Carrefour.

  • Buchten:

    • Anse Meunier (SO): So viele Boote in der Bucht von Le Marin liegen, so wenige findet man 3 Buchten weiter außen im Südosten, dort waren wir mit unserem Freund Tim von der Moana zeitweise komplett alleine und konnten ein Lagerfeuer am Strand machen. Bei Nordostschwell kein Problem bei wenig Ost erträglich bei allem was südlich kommt wahrscheinlich sehr rollig. Die Bucht ist sehr seicht wir haben auf 2,5 m auf Sand geankert. Es gibt außer einem Wanderweg keinerlei Infrastruktur dort.

    • Anse d’Arlet (SW): Nette Bucht mit kleinem Dorf mit netten Restaurants und gutem Schnorcheln. Halt ist gut, man muss nur ein wenig auf die Fischreusen achten.

    • Grand Anse d’Arlet (SW): Im Nordteil sehr schlechter Halt auf einem ziemlich toten Riff. 5 cm Sand über hartem Untergrund. Dort ist uns der Anker geslippt. Im Südteil soll es wohl besser sein. Kleine touristische Strandpromenade mit Lokalen und Tauchshops. Wir waren einmal mit Centre de plongée en Martinique - O Fil de l'Eau tauchen. Ein gut organisierter unkomplizierter Tauchgang zu moderatem Preis. 2 Tauchgänge ca. 100 EUR.

    • Saint Pierre (NW): Wir haben dort geankert und uns die Boje gespart. Das hat exzellent funktioniert. Saint Pierre ist ein netter kleiner Ort mit einer traurigen aber spannenden Geschichte. Es gibt auch einen kleinen Supermarkt und es ist eine guter Ort um nach Dominica abzuspringen.

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