Dominica, die Naturinsel
Dominica ist das erste Land auf unserer Reise in das ich weder auf unserer Vaquita noch mit Peter einreise, denn ich habe unseren Freund Bjerke bei der Nachtüberfahrt auf seiner Namai (aka Stahlsund) unterstützt. Es ist irgendwie ein komisches Gefühl auf einem anderen Boot zu segeln, schließlich bin ich die Schiffsbewegung als auch die Handgriffe auf der Vaquita einfach schon so gewöhnt. Auf der anderen Seite ist es auch eine tolle Erfahrung auf anderen Booten mitzusegeln, die sich nicht so oft ergibt. Im Gegensatz zur Vaquita ist die Namai aus Stahl (ergibt zusammen mit dem Heimathafen Stralsund den Spitznamen Stahlsund) und darum viel schwerer, obwohl die Boote fast gleich groß sind. Dadurch braucht es auch mehr Wind, um mit der Namai segeln zu können. Zwischen Martinique und Dominica können wir noch gut segeln, aber sobald wir in der Windabdeckung von Dominica sind, reicht es nicht mehr und wir fahren den Rest unter Motor. Währenddessen können Peter und meine Eltern noch gemütlich segeln. Bjerke und ich kommen um ca. 8 Uhr in der Früh in der Bucht von Portsmouth im Norden Dominicas an und zum Sonnenaufgang begleiten uns dabei ein paar Delfine. Nach dem Ankermanöver frühstücken wir bevor eine Stunde später auch Vaquita endlich in die Bucht kommt. Nach einem zweiten Frühstück geht es für Bjerke, Peter und mich zum Einklarieren. Dafür fahren wir an einem eigens dafür abgesperrten Steg und gehen in das kleine Office. Praktisch ist, dass hier Zoll und Einreisebehörde in einem Gebäude ist und man nicht mehr extra ausklarieren muss, wenn man weniger als zwei Wochen im Land bleibt. Am Rückweg erwischt uns der erste große Regen auf der Insel – und es wird auch nicht der letzte gewesen sein.
Der Tag verläuft recht ruhig, denn durch die Nachtfahrt sind wir alle nicht ganz ausgeschlafen. Am Abend gehen wir zusammen mit Bjerke und Levent, Bjerkes Mitsegler, der schon vorher eine Woche in Dominica wandern war, Abendessen. Die Burschen entdecken ein an Land gespültes Segelboot, das noch nicht allzu lange dort liegt und noch viel an teurem Equipment an Bord hat. Die Pläne ein paar Einzelteile zu verkaufen, lösen sich aber nach einem Gespräch mit den Locals in Luft auf. Das Boot hat es beim letzten Hurricane Beryl im Juni 2024 an Land gespült und der Eigner hat nicht genug Geld für die Bergung, doch er gibt sein Bestes noch Geld dafür aufzutreiben.
Am nächsten Tag geht es für uns Sechs zur Indian River Tour, ein absolutes Muss in Portsmouth, denn der Fluss mündet genau hier in die Bucht. Mit Guide und nur mit dem Ruderboot geht es Flussaufwärts. Die Ufer sind gesäumt von Mangroven, wir hören verschiedene Vögel, sehen Krabben und Leguane und probieren alle möglichen exotischen Früchte, die uns unser Guide mitgebracht hat. In einem Seitenarm steht das Haus von Calypso, der heidnischen Meeresgöttin aus Fluch der Karibik – nur einer von vielen Drehorten des Films auf Dominica. Es sieht genauso verrucht aus, wie man es aus dem Film kennt. Die Tour endet für uns bei der Bush Bar, die Mitten im Dschungel steht. Obwohl es erst Vormittag ist, verkosten wir dort die verschiedenen Rum Punch Sorten – Maracuja, Kokos, Erdnuss oder klassisch mit Multivitaminsaft. Danach geht es für uns wieder zurück.
Am Nachmittag wollen wir eigentlich noch einen kleinen Erkundungsspaziergang machen, doch es regnet nur und so bleiben wir lieber an Bord.
Für die nächsten beiden Tage haben wir ein Auto gemietet, um die Insel zu erkunden. Unser Mietauto ist ein top gepflegter Suzuki, der als Gebrauchtwagen aus Japan importiert wurde, denn in Dominica herrscht Linksverkehr. Wir holen das Auto in der Früh ab und dann geht es für uns so schnell wie möglich nach Laudat, denn hier ist der Ausgangspunkt für ein ca. 7-stündige Wanderung zum Boiling Lake. Wir starten um kurz vor 10 Uhr – das ist laut der Beschilderung auch der spätest mögliche Startzeitpunkt für die Wanderung. Für meine Eltern ist es die erst richtige Regenwaldtour und sie sind begeistert von den vielen Pflanzen, den Vogelgeräuschen und den hohen Bäumen. Wir queren zwei Flüsse, bei denen wir unsere Wasserflaschen wieder auffüllen.
Immer wieder nieselt es etwas. Nach einem steileren Stück gehen wir am Grat entlang zum höchsten Punkt – Mount Nicholas. Dort trennen wir uns von meinen Eltern, denn um noch rechtzeitig zum Boiling Lake zu kommen, müssen wir einen Zahn zulegen. Der Weg wird immer gatschiger und es geht steil bergab ins Desolation Valley. Nach einem abenteuerlichen Abstieg auf dem sehr ausgewaschenen Weg haben wir es zu den stinkenden Schwefelquellen geschafft. Wir haben aber keine Zeit für eine Pause und gehen weiter den Fluss entlang in Richtung Boiling Lake.
Nach einer weiteren Dreiviertelstunde durch unterschiedlichstes Terrain haben wir es dann geschafft. Unter uns und auch unter Nebelschwaden ist der Boiling Lake. Wie der Name schon sagt kocht es hier in einem von Dominicas Vulkankratern und als der Wind kurz die Nebelschwaden vertreibt, können wir das Spektakel endlich beobachten. Lange bleiben wir jedoch nicht, denn die Zeit drängt und es fängt wieder einmal zu regnen an. Wir gehen den Weg zurück zum Desolation Valley, wo wir eine Pause einlegen. Gut ausgerüstet, dank Levents Tipp, der die Tour schon gemacht hat, haben wir einen Topf, Ramen Nudeln aus dem Packerl und rohe Eier dabei, denn in den heißen Quellen kann man einwandfrei kochen. Und so sind nach 10 Minuten Ramen und Eier fertig und schmecken nach der einzigartigen Zubereitung und der körperlichen Ertüchtigung besonders gut.
Gut gestärkt geht es für uns wieder die fast 200 Höhenmeter auf dem steilen ausgewaschenen Weg hinauf. Entgegen kommt uns keiner mehr, mit dem Tempo kommen wir sicher noch rechtzeitig vor der Dämmerung an. Nach knapp über 7 Stunden haben wir es dann geschafft und sind wieder am Ausgangspunkt. Dort ist auch noch eine tolle Attraktion nämlich Titou Gorge, ein Canyon, in dessen klarem Wasser man ein gutes Stück hineinschwimmen kann. Meine Eltern sind schon wieder umgezogen und die letzten dort. Schnell organisieren wir uns noch Schwimmwesten (ohne darf man nicht hinein) und es geht ins kühle Nass für uns. Zuerst wissen wir nicht was uns erwartet, doch dann hanteln wir uns an den Felswänden angebrachten Leinen in den Canyon bis zum Wasserfall. Leider ist das Licht nicht mehr das Beste, dennoch ist es beeindruckend wie hoch die schwarzen, teils bewachsenen sattgrünen Felswände links und rechts nach oben gehen. Es war ein Tag voller Naturschauspielen, die wir noch nicht kannten. Zurück in Portsmouth gehen wir in der Stadt noch etwas essen. Es ist gerade das Ende des Karnevalumzugs und so essen wir Chickenburger mit Pommes während neben uns an der Hauptstraße ein LKW mit gestapelten Musikboxen nach dem anderen vorbeifährt. Umzugsgruppen in dem Sinn gibt es keine und auch die Musik ist nicht so wie wir uns das vorgestellt hatten. Noch dazu ist sie so laut, dass unsere ganzen Körper vibrieren.
Am nächsten Tag geht das Touristenprogramm weiter. Erster Stopp ist Mero Beach, wo wir uns aufgrund des regnerischen Wetters aber nicht allzu lange aufhalten. Weiter geht’s zu den Sulfur Springs bei Wotten Waven. Ein kleiner Weg führt nach 2 Minuten zu den Schwefelquellen, die von einem kleinen Ausblick aus sichtbar, aber nicht sonderlich beeindruckend sind. Wir gehen wieder zurück zur Straßen und bestellen bei einem Stand an der Straße kleine am Grill gebackenen Brote – ähnlich wie Mini Fladenbrote, die mit Käsefüllung oder auch ohne serviert werden. Wir bestellen gleich welche nach, weil sie so gut sind und dazu ein paar Hendlhaxerl und gegrillte Kochbananen. Die junge Frau grillt alles auf einer alten aufgestellten Felge auf etwas Kohle und einem alten Grillrost. Es ist sehr authentisch und wir haben unseren Spaß mit ihr. Die Straße zu Fuß hinunter befinden sich die Screw’s Sulfur Spas und wir beschließen es uns dort gut gehen zu lassen. Also ziehen wir uns unsere Badesachen an und hüpfen in den ersten Schwefelpool. Es gibt drei verschiedene mit unterschiedlichen Temperaturen, wobei der kühlste der angenehmste ist und der heißeste sogar für mich richtig heiß es. Immer wieder regnet es ein bisschen, doch das stört uns in den warmen Bädern nicht. Zwischendurch gibt es auch noch ein Schlammbad, bevor wir uns unter dem Wasserfall alles wieder abwaschen.
Nach dem Spa machen wir uns auf dem Weg zu den bekanntesten Wasserfällen der Insel, den Trafalger Falls. Wie beim Sulfur Spa schaffen wir es auch hier wieder azyklisch zu den Kreuzfahrttouristen anzukommen, denn alle gehen gerade als wir kommen und so sind wir wieder fast alleine. Ein gepflasterter Weg führt etwa 15 Minuten durch den Regenwald, bevor wir zu den Trafalgar Falls kommen. Der Ausblick auf die Doppelwasserfälle ist beeindruckend. Links und rechts von einer hohen grün bewachsenen Felswand stürzen die beiden Wasserfälle in die Tiefe. Der höhere wird liebevoll „Dad“ und der kleinere „Mom“ genannt. Wir genießen die Aussicht alleine und sind beeindruckt von der Natur. Wieder zurück beim Ausgangspunkt lernen wir, dass sich das Bild der Wasserfälle immer wieder ändert, da die Wassermassen nach schweren Regenfällen auch viele Steine mitführen können. Der dritte Wasserfall wird in ein Kraftwerk zur Stromerzeugung geleitet.
Über eine Bergstraße, die später in den Dr. Nicholas Highway übergeht fahren quer durchs Central Forest Reserve, im unablässigen Regen in den Nordosten der Insel. Hier beobachten wir die Atlantikwellen, die unaufhörlich auf die Küste prallen. Wir sind froh, dass wir geschützt im Karibischen Meer auf der anderen Seite der Insel liegen. Wir fahren weiter durch die Dörfer im Norden und über eine abenteuerliche Straße zurück nach Portsmouth.
Als wir mit dem Dinghy am Rückweg zum Boot sind, laden uns Bjerke und Levent zum Abendessen auf die Namai ein. Wir sind froh darüber nicht kochen zu müssen und wollen uns nur schnell umziehen. Leider rutscht beim Aussteigen aus dem Dinghy meinem Papa das Handy aus seiner normalerweise immer zugezippten Hosentasche ins Meer. Da es schon finster ist können wir vorerst nichts anderes machen, als die Stelle mit Mann-über-Bord-Pin auf unserer elektronischen Seekarte zu markieren, damit wir wissen, wo wir morgen ungefähr tauchen können. Mit etwas getrübter Stimmung geht es für uns an Bord der Stahlsund, wo Levent und Bjerke ein herrliches Menü gezaubert haben: es gibt Bruschetta, danach Fisch vom Markt mit Reis, Pommes und Kochbananen und als Nachspeise eine Ananas. Wir haben einen lustigen Abend mit ihnen.
Am nächsten Tag in der Früh ist das Meer ziemlich ruhig und so entdeckt mein Papa wirklich sein Handy im Wasser. Peter kann es auf ca. 8 Meter Tiefe mithilfe seiner Sperrfischflossen auftauchen. Nach einer Süßwasserdusche packen wir es in eine Dose mit Reis, wo es auch bis zum Ende der Reise meiner Eltern bleibt.
Es heißt schon wieder Abschied nehmen für uns von Dominica, es geht weiter nach Guadeloupe, genauer auf die Iles des Saintes, eine kleine Inselgruppe im Süden von Guadeloupe. Wir lichten den Anker und hissen die Segel. Bei gutem Halbwind und wenig Welle segeln wir gemütlich gen Nordwesten. Wir versuchen unser Anglerglück, doch leider beißt nichts an. Bei der Einfahrt zu den Saintes wird es nochmal sportlich, denn zwischen den Inseln frischt der Wind noch einmal ordentlich auf. Nachdem wir die Segel eingeholt haben, halten wir nach einer freien Muringboje vor Terre de Haut Ausschau, aber alle sind besetzt. Also werfen wir den Anker in der Anse Galet und genehmigen uns einen Manöverschluck.
Nützliche Tipps:
Dem geografisch interessiertem Leser wird aufgefallen sein, dass wir ohne Zwischenstopp direkt in den Norden von Dominica gefahren sind. Dominica ist vor allem im Landesinneren (Wandern, Natur) interessant und wohl auch Unterwasser (leider waren wir nicht tauchen), nicht jedoch für seine schönen Ankerbuchten. Für Ausflüge jeglicher Art ist es am einfachsten nach Portsmouth zu fahren, dort zu ankern oder sich an einer Boje zu verholen und den Rest über den Landweg zu erkunden.
Ein- und ausklarieren war in Portsmouth sehr einfach, man fährt zum extra Steg zahlt dort einen kleinen Obolus für die Bewachung des Dinghys. Danach gehts in Office nebenan wo man, wenn man unter 2 Wochen bleibt, auch gleich ausklariert; sprich man kann jederzeit weiterfahren ohne weiteren Besuch bei den Behörden.
Für die Indian River Tour haben wir einen der Serviceanbieter, die auf ihren Booten in der Bucht herumdüsen genommen. Wir haben uns für Titus entschieden, mit diesem einfach über Whatsapp alles ausgemacht bzw. fährt er ohnehin mehrmals täglich am Boot vorbei. Titus organisiert gegen das entsprechende Kleingeld auch alles mögliche andere. Die Indian River Tour hat uns 80 EC pro Person gekostet. Unsere Freunde von der Stahlsund, haben das ein wenig runterhandeln können auf 70 EC. Die Tourpreise sind generell immer pro Person, gerade als Gruppe zahlt sich dann verhandeln oft aus. Titus in Portsmouth zu verpassen ist zwar beinahe ausgeschlossen trotzdem hier seine Nummer: +1 767 265 3233
Wie oben erwähnt sind die Touren meist pro Personen Preise und nicht gerade günstig. Mit einem Mietwagen kann man viele Dinge für deutlich weniger Geld einfach selber machen. Wer weniger Geld und mehr Zeit hat kommt auch mit den Kleinbustaxis relativ weit. Die Wanderungen, welche wir gewählt haben sind alle in der Nähe von Roseau und die Anreise von Portsmouth mit dem Kleinbustaxi dauert relativ lange, weil immer in Umstieg in Roseau nötig ist. Wir haben uns daher bei einem der vielen Mietwagenanbieter um 180 EC (Sonderpreis, weil AC nicht funktionierte, normal 210 EC) pro Tag gemietet. Dazu kommen noch 30 EC für den lokalen Führerschein. Damit sind wir zu den Wanderplätzen gefahren, bzw. haben am 2. Miettag einen Roadtrip unternommen. Autovermieter Dannis: +1 767 612 8379
Die Boiling Lake Wanderung war zu unserem Zeitpunkt noch ohne Guide möglich. Angeblich soll sich das bald ändern und obligatorisch werden. Die Guides haben fast 100 US Dollar pro Person für die Wanderung und Transport aus Portsmouth verlangt. Es empfiehlt sich früh, so um 8-9 Uhr, dort zu sein, um genügend Zeit zu haben. Wer im Desolation Valley kochen mag, den Topf inklusive Deckel nicht vergessen, denn das Schwefelwasser schmeckt nicht besonders gut ;) Die Wanderung ist schon eher anspruchsvoll, aber alleine machbar, wenn man fit ist. Bei Regen nicht empfehlenswert, teilweise sind die Wege extrem gatschig und steil und kann schnell zum Bachbett werden. Schmutzgewand nicht vergessen.
Viele der leicht erreichbaren Touristenziele (Trafalgar Falls, Sulfur spring, Canyon am Anfang der Boiling Lake Wanderung) sind von Kreuzfahrtschiffbesuchern stark frequentiert. Es lohnt sich daher kurz in Roseau zu schauen, ob gerade welche hier sind. Ansonsten ab 15:00 Uhr hat man die Attraktionen meist auch wieder für sich.