Von den Balearen nach Cartagena

Nachdem wir Peters Cousin Daniel zum Bus gebracht haben, sitzen wir noch ein Gewitter aus und verlassen dann die Marina wieder. Wir verbringen die Nacht mangels gutem Wind noch einmal in der Bucht von Sa Ràpita. Am nächsten Tag segeln Peter und ich erstmals nach 2 Jahren alleine auf unserem Boot. Bei sportlichen aber angenehmen Bedingungen geht es nach Port d‘Andratx für uns. Die Einfahrt in den Hafen ist imposant. Zwischen felsigen Steilküsten, welche leider völlig zugebaut sind, geht es in den gut geschützten Hafen, wo wir die nächsten Tage mit starkem Südwestwind aussitzen wollen. Port d‘Andratx begrüßt uns vor allem mit snobigen Deutschen. Majorquin oder Spanisch hört man selten. Wir machen uns daran die vorhandene Infrastruktur zu nutzen, gehen Wäsche waschen und abends in Zweisamkeit Tapas essen.

Am nächsten Tag geht es wieder mal nach Palma. Ich habe einen Termin in der Augenklinik und nachmittags nehmen wir unsere gute Freundin Romana in Empfang. Mit ihr richten wir alles her, um ein paar Tage remote auf Formentera zu verbringen. Wir gehen eine Runde durch das Villenviertel laufen, bunkern essen, putzen das Boot und waschen noch mehr Wäsche. Um mehr Zeit auf Formentera zu haben, fahren wir am nächsten Tag bei ruppigen Bedingungen - am Wind und gegen 1,5-2m Welle -  nach Ibiza. Romana ist fast 10 Stunden seekrank und erholt sich erst nach der Nacht in der Ankerbucht wieder völlig. Da der Wind in der Nacht immer stärker wird, ist diese nicht sonderlich erholsam. Bevor es zu Mittag weitergeht, hüpfen wir alle nochmal ins Wasser - wir haben Ibiza nicht einmal betreten, aber das Schwimmen wollen wir uns nicht nehmen lassen.

Wir fahren einen gemütlichen Vorwindkurs nach Formentera. Romana steuert viel und ist beruhigt, dass sie nicht gleich wieder seekrank wird. Nach 4,5 Stunden kommen wir im Nordenwesten der Insel an. Es gleicht einer Partybucht - am Samstag Abend scheinen besonders viele Motorboote und Partykatamarne von Ibiza hierher zu fahren. Kein Wunder bei weißem Sandstrand und türkisblauen Wasser. Zum Sonnenuntergang leert sich die Bucht allerdings und wir haben eine sehr ruhige Nacht bei wenig Wind und Welle.

Der Wetterbericht und unser straffer Zeitplan bis zu den Kanaren, der durch ein erkanntes Problem mit unserm Antifouling noch enger wird, lassen uns auf Formentera nur einen Tag Zeit. Wir brechen daher früh am nächsten Morgen auf um die Nordspitze zu erkunden. Aus der Erkundungstour wird schnell eine Müllsammeltour, da wir nicht einfach tatenlos am ganzen Plastikmüll vorbeigehen können. Am Ende finden wir wieder mal quer durch die Bank Unrat, vom Fischernetz bis zum Flipflop. Völlig unbeirrt gehen die meisten Touristen einfach in aller Ruhe vorbei, sehen uns seltsam an mit unserem Müll. Wir fragen uns nur, ist das schon so normal, dass es den Leuten nicht einmal mehr auffällt?

Am Nachmittag geht’s nochmal schwimmen und Sachen für unsere Überfahrt nach Cartagena verstauen. Es ist die letzte Ankerbucht für längere Zeit und auch vom Inselleben müssen wir uns für eine Zeit verabschieden.

Pünktlich zum Sonnenuntergang lichten wir den Anker und setzen die Segel. Zuerst geht es ganz gemächlich fort von Formentera, bis wir dann mit 6-7 Knoten gen Süden düsen. Trotzdem sind die Bedingungen ruhig bei ca. 15 Knoten Wind und wenig Welle. Wir wechseln uns bei den Wachschichten ab - einer schläft für ca. drei Stunden, während die anderen beiden im Cockpit die Stellung halten. Zu tun gibt es wenig, aber wir genießen die Stille und bewundern den wunderschönen, klaren Sternenhimmel. Es ist fast Neumond, es gibt kaum Lichtverschmutzung und kein Wölkchen ist am Himmel. Die Sterne funkeln, die Milchstraße ist eindeutig zu erkennen und jeder von uns sieht ein paar Sternschnuppen.

Zum Sonnenaufgang erstrahlt der Himmel langsam in malerischen Rot-, Violett- und Blautönen. Nach einem ausgiebigen Frühstück beschäftigen wir uns damit unsere Segelstellung zu optimieren. Der Wind kommt von hinten, aber die Welle von der Seite, die unsere Segel immer wieder zusammenfallen lässt. Wir tüfteln wie wir unseren Gennaker (ein Leichtwindsegel aus ganz leichtem Stoff wie ein Paragleiter) mit Hilfe unseres Spiebaums so justieren, dass das das Segel besser steht. Wir befestigen mehrere Leinen sowohl am Segel als auch am Spiebaum, spannen den Spiebaum nach vorne, hinten und oben. Lassen dort eine Leine lockerer, ziehen die andere fester und schauen ob wir den gewünschten Effekt erzielen können. Nach 2 Stunden adjustieren haben wir endlich die beste Lösung gefunden. Allerdings halten wir diesen Kurs nur noch eine Dreiviertelstunde bevor wir halsen müssen und dieser sich dadurch wieder ändert und damit auch unser Konstrukt obsolet werden lässt. Immerhin wir waren beschäftigt.

Der neue Kurs ist wesentlich angenehmer. Wir brauchen den Spiebaum nicht mehr, denn die Welle kommt jetzt von hinten und damit wackelt das Boot nicht mehr so zur Seite. Es ist richtig gemütlich und trotzdem sind wir schnell und düsen mit 6 Knoten (wenn uns die Welle schiebt sogar kurz mit 8 Knoten) in Richtung Cartagena. Es läuft perfekt und wir spielen sogar im Cockpit mehrere Runden UNO, weil das Boot so ruhig durchs Wasser gleitet.

Am späten Nachmittag passieren wir dann den Nullmeridian und die Koordinierten auf unserem Funkgerät springen von 000° 00,001 Ost auf West. Darauf stoßen wir an! Normalerweise trinken wir während Überfahrten keinen Alkohol, aber solche Momente muss man schon feiern, wenn die Bedingungen es zulassen.

Zu Sonnenuntergang sehen wir die spanische Festlandküste vor uns, aber es ist noch ein Stück bis Cartagena. Wir bergen den Gennaker, da der Wind, wie vorausgesagt, einschläft. Wir starten den Motor und bergen auch das Großsegel, da die Welle von der Seite kommt und es lautstark von links nach rechts schlägt.

Da wir doch schon früher als erwartet in Cartagena ankommen sollen - nämlich blöderweise um 3 Uhr Früh - rufen wir noch bei der Marina an, aber leider hebt keiner ab. Die Fahrt in der Nacht ist durch das Geschaukel der Wellen etwas unangenehm aber sonst nicht aufregend.

Um 1 Uhr Früh merkt Peter, dass Wasser am Boden ist und so werde ich ziemlich unsanft geweckt. Peter und Romana wischen sofort alles vom Boden und dem Küchenkasterl auf. Den Rest erledigt die Bilgenpumpe. Es ist zum Glück nur Süßwasser - unser halber Wassertank, also rund 80 Liter Wasser sind ausgelaufen. Es ist ein altbekanntes Problem, denn eine Verbindung zu unserem Trinkwasserhahn löst sich blöderweise manchmal. Spätestens in Almerimar wollen wir die Verbindung neu machen.

Um ca. 3 Uhr kommen wir in der Bucht von Cartagena an. Wir lassen in einer kleineren Bucht den Anker fallen und gehen müde ins Bett.

Wir verschlafen noch den halben Vormittag und springen nach dem „Frühstück“ alle nochmal ins glasklare Wasser. Danach fahren wir gemütlich in die 15 Minuten entfernte Marina.

Unsere Überfahrt von Formentera nach Cartagena in Zahlen:

  • Distanz: 161 Seemeilen, davon unter Segel: 140 Seemeilen

  • Dauer: 1 Tag 8 Stunden 12 Minuten

  • Durchschnittsgeschwindikeit: 5.1 Knoten

  • Anzahl gesehener Sonnenuntergänge 2

  • Überschreitung des Nullmeridians: 30.09.2024 16:27

  • Besondere Ereignisse: 80 Liter Wassertank sind ausgelaufen

Wir erkunden noch mit Romana einen Tag Cartagena, ehe sie sich auf die Heimreise macht. Wir treffen auch zwei neue Segelfreunde (Tim und Heli von der Moana) wieder, die wir schon auf Mallorca erstmals kennengelernt haben. Diesmal ist mehr Zeit zu plaudern und sich auszutauschen und so ist in Cartagena der Beginn einer guten Freundschaft. Ansonsten erkunden wir noch die Stadt, kaufen am Markt ein, besuchen ein Konzert in einer Bar, essen Tapas gehen auf den Markt und genießen das Stadtleben in vollen Zügen.

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