Antlantiküberquerung: 16 Tage auf See
Nach einer Woche “Urlaub” und Vorbereitungen auf den Kapverden geht es für uns weiter. Jetzt steht die Etappe an, auf die wir die ganze Zeit hingearbeitet haben: die Überquerung des Atlantiks von Ost nach West. Es ist kaum vorstellbar, dass wir die Leinen lösen und das nächste Mal in zweieinhalb bis drei Wochen wieder an Land sein werden - und dann auf einem anderen Kontinent. Die Vorfreude ist allerdings groß und wir starten motiviert in unser bisher größtes Abenteuer.
Eine der letzten Vorbereitungen für die Atlantiküberquerung ist unser Boot noch weihnachtlich zu dekorieren. So wollen wir zumindest ein bisschen in Weihnachtsstimmung kommen. Meine (Ines) Schwester hat sich für uns einen ganz besonderen Adventkalender überlegt. Sie hat Freunde und Familie gebeten ein Kuvert mit Briefen, Fotos oder anderen Kleinigkeiten zu schicken und so haben wir jeden Tag eine Nachricht von einem anderen Herzensmenschen, die uns die Atlantiküberquerung in der Adventszeit etwas versüßt. Vielen lieben Dank Lena, für diese süße Idee und den Aufwand, den du dafür aufgebracht hast. Und natürlich auch ein großes DANKE an Familie und Freunde, die uns so liebe Nachrichten geschrieben haben und dass ihr alle mitgemacht habt!
Noch vor unserer Abfahrt dürfen wir die ersten beiden Kuverts aufmachen. Im ersten verstecken sich gleich zwei Nachrichten: Danke an Marie-Christin für die Weihnachtsgrüße und die Fotos. Danke auch an Nati, David, Tom und Moritz für die lustigen Seglerrätsel und Toms Zeichnung zu unserer Reise. Im 2. Kuvert versteckt sich ein Foto von Stefan - das erste von uns dreien, das es gibt, ist passenderweise auf einem Segelboot von unserem Schwerwettertörn an der Ostsee. Danke dafür - es hängt schon an der Wand - und noch ein größeres DANKE, dass du uns auf der Atlantiketappe begleitest.
Vorab schon mal die Zusammenfassung unserer Überfahrt. Die ganze Etappe haben wir detailliert in unserem Segeltagebuch festgehalten und haben es täglich auf PredictWind hochgeladen. Hier folgen die Einträge untermalt mit Bildern.
Unsere Überfahrt von Mindelo nach Tobago in Zahlen:
Distanz: 2222 Seemeilen, davon unter Segel: 2220 Seemeilen
Motorstunden: 1 Stunde 15 Minuten
Zeit: 15 Tage 21 Stunden 46 Minuten
Durchschnittsgeschwindigkeit: 5,8 Knoten
Delfine: 2 Schulen haben uns begleitet - einmal in den Sonnenuntergang und einmal beim Einfahren in Pirate‘s Bay
Fischfang: ein Mahi Mahi, ein Bonito Tuna und ein Wahoo (doch kein Barracuda) - quasi alles was der Atlantik an gängigen Raubfischen so zu bieten hat
Fazit Atlantiküberquerung
Fast 16 Tage waren wir jetzt unterwegs und haben dabei einen Ozean in unserem Kielwasser gelassen. Ganze drei Zeitzonen haben wir durchquert und das in einer Reisegeschwindigkeit, in der man jeden einzelnen Meter beim Vorbeiziehen zuschauen kann. Die unglaubliche Distanz von ca. 4000 km konnten wir nur so „schnell“ zurücklegen, weil uns Vaquita 24 Stunden am Tag vorangebracht hat. Hier ein ganz großes Lob an Vaquita, die endgültig bewiesen hat, dass sie ein kleiner Panzer mit top Segeleigenschaften ist. Trotz 24-Stunden Dauerbelastung ist bei der ganzen Überfahrt nichts kaputt gegangen - das ist absolut nicht selbstverständlich und ist wie wir erfahren - eher die Ausnahme. Auch die Geschwindigkeit in der wir das Ganze bewältigt haben, ist für ein 33 Fuß (knapp 10 Meter) Boot mit einem Durchschnitt von 5,8 Knoten rekordverdächtig.
Aber nicht nur das Material, sondern auch die Crew ist heil geblieben und es kam zu keinerlei Verletzungen (von dem ein oder anderen blauen Fleck mal abgesehen, nachdem die Welle zu ungünstigen Zeitpunkten seitlich zugeschlagen hat). Obwohl wir mehr als zwei Wochen zu dritt auf ca. 10 Quadratmeter gelebt haben und uns abwechselnd 2 Kojen (also die beiden Salonbänke - also quasi die Küchenbänke) zum Schlafen geteilt haben, war es, zwar wenig überraschend aber doch, beeindruckend harmonisch. Natürlich hat es Tage gegeben, an denen einer oder mehrere von uns schlechter drauf waren, aber das war meist auf externe Bedingungen, wie Wetter oder Müdigkeit (oder Bierentzug), zurückzuführen und das Verständnis der anderen war immer gegeben. Das ist definitiv nicht selbstverständlich und wir schätzen unsere Freundschaft jetzt umso mehr.
Auch das Wetter hat sich von einer seiner besten Seite gezeigt. Da die Süßwasserpumpe unseres Motors leckt (eine neue ist schon bestellt), waren wir auf Wind angewiesen, da wir ihn nicht länger als zum An- und Ablegen anwerfen wollten. Neptun war sehr gütig zu uns und so konnten wir wirklich durchgehend segeln. Wir hatten nie weniger als 8 Knoten, meist waren es 12-24 Knoten mit Böen bis zu maximal 30 Knoten - also perfekt zum Segeln. Die Welle war nie höher als 3 Meter - für uns waren die 2,8 Meter Welle schon genug, denn auf Dauer (bei uns waren es 3 unangenehme Tage) ist die Schaukelei schon richtig anstrengend. Trotzdem haben wir zu keiner Zeit Angst oder auch nur ein ungutes Gefühl gehabt. Vaquita und unser Autopilot haben uns sicher durch jede noch so starke Böe oder hohe Welle gesteuert.
Gegessen haben wir immer königlich und das war auch wichtig für die Moral. Wir hatten im Großen und Ganzen genug frisches Obst und Gemüse, den Rest haben wir gut mit konservierten Lebensmitteln aus unseren vorherigen Destinationen kompensieren können. Zusätzlich hat auch der frisch gefangene Fisch, der uns insgesamt 6 Mahlzeiten beschert hat, unseren Speiseplan bereichert.
Würden wir es wieder machen? Ja!
Sind wir froh in der Karibik zu sein und die nächsten 3 Wochen gemeinsam mit buchteln und Landentdeckungstouren zu verbringen? Definitiv auch ja!
So spannend und interessant eine Atlantiküberquerung auch ist, auf Dauer brauchen wir das alle drei nicht. Es war für uns eine super Erfahrung, aber wir freuen uns jetzt auch darauf mal wieder durchschlafen zu können, auf keine Schaukelei, Essen gehen und auch auf das eine oder andere Flascherl Bier oder Glaserl Wein. Die Abwechslung macht es halt aus. Jetzt hatten wir unseren “fair share” an Segeln und Herausforderungen und nun freuen wir uns die karibische Inselwelt erkunden und genießen zu können. Durch diese Abwechslung fühlt sich das Ganze nicht nur richtig gut, sondern vor allem sehr verdient an - ein Gefühl dass man so nicht einfach kaufen oder buchen kann. Das macht es eben auch so besonders.
Hier unsere größten Überraschungen der Überfahrt:
Ines: dass wir jeden Tag Vögel gesehen haben; wie wenige Squalls wir erwischt haben; dass nichts kaputt gegangen ist
Stefan: wie einfach Fisch fangen ist (zumindest mit unserem Equipment); dass 2 Wochen Salzwasserdusche auch gut funktioniert; was für einen Einfluss Wetter und Welle auf die Stimmung haben kann
Pezi: dass es nicht langweilig ist, obwohl so wenig zu tun ist; wie wenig Dosenfutter wir gegessen haben bzw. wie lange Obst und Gemüse halten; wie viele fliegende Fische auf unserem Deck detoniert sind.
Atlantiküberquerung Tag 1
Tue Dec 03 2024 18:36:00 GMT-0100 (Cabo-Verde-Normalzeit)
Der letzte Tag in Mindelo war, wie bisher jeder Abfahrtstag, noch etwas stressig. Es waren dann doch wieder mal einige Kleinigkeiten zu tun, die in Summe viel länger dauern als geplant….
Um 14 Uhr haben wir es dann endlich frisch geduscht in die Floating Bar zu unserer Henkersmahlzeit gemeinsam mit den beiden Burschen von der Namai geschafft. Wir haben beschlossen zusammen abzulegen, auch wenn die beiden ein anderes Ziel in der Karibik ansteuern - wir wollen nach Tobago und sie nach Martinique. Zumindest die erste Zeit ist die Richtung mal dieselbe.
Um 15:40 Uhr ist es tatsächlich so weit und wir legen ab! Realisiert haben wir alle drei noch nicht, dass wir jetzt tatsächlich den Atlantik überqueren werden und von Afrika nach Amerika segeln. Wir freuen uns aber alle, dass es endlich losgeht. So sehr wir die Zeit auf den Kapverden genossen haben, es ist trotzdem der Zeitpunkt gekommen weiterzufahren.
Der Start ist gleich recht windig, denn im Kanal zwischen den Inseln Saõ Vicente und Santo Antaõ bläst es mit bis zu 25 Knoten. In der Zwischenzeit liegen die Inseln schon hinter uns und wir segeln gerefft bei 16-20 Knoten in die Nacht. Die 2m Welle schaukelt uns etwas durch, aber es ist nicht ungemütlich.
Stefan bereitet sich schon auf eine Runde Funkschach mit Levent von der Namai vor - gemeinsam mit Ines beklebt er noch die Magnete von unserem kleinen magnetischen Reisespielset - doch zuerst gibt es noch Essen.
Distanz bis Tobago: ca. 2170 nm
Essen: Eierspeise mit Brot, Avocado und spanischer Chorizo
Adventkalender Kuvert 3: Danke an Paul und Elli für eure verschlüsselte Botschaft. Mal schauen wir weit wir kommen, denn da habt ihr euch ja ganz schön was einfallen lassen!
Atlantiküberquerung Tag 2
Wed Dec 04 2024 12:59:00 GMT-0100 (Cabo-Verde-Normalzeit)
Der Einstieg in den Passagenmodus gestaltet sich dieses Mal ein wenig rauer als bei der vorherigen Etappe. Die Welle schaukelt uns die ganze Nacht ordentlich durch und auch der Wind ist mit teils über 20 Knoten recht resch. Gerade bei Aktivitäten unter Deck wie Kochen und Abwaschen wird uns hin und wieder etwas flau im Magen - aber das ist okay und auch nichts Außergewöhnliches, wir sind ja noch das sehr angenehme Marina- und Landleben gewohnt. Über Funk erfahren wir, dass es den Burschen von der Namai auch nicht anders ergeht als uns - darum wird das Funkschach mal vorerst verschoben.
Wind und Welle bringen aber auch einen großen Vorteil mit sich, nämlich Speed. Wir surfen die Wellen teils mit absurden Geschwindigkeiten von über 10 Knoten hinunter und auch unsere Durchschnittsgeschwindigkeit kann sich mit 6,3 Knoten durchaus sehen lassen. Kurstechnisch halten wir uns erst südlich, um einem Windloch zu entgehen. Früh am Morgen machen wir dann die erste Halse, baumen die Genoa aus und sind ab jetzt im Schmetterlingsmodus (Großsegel auf der Backbordseite, Genoa auf der Steuerbordseite) gen Westen unterwegs. Ab jetzt jagen wir wortwörtlich dem Sonnenuntergang hinterher.
Am Nachmittag spielen Stefan und Ines wieder mal Gitarre und singen. Danach gibt’s die ersten Weihnachtskekse. Danke an Stefans Mama, die uns extra 1,5 kg Vanillekipferl, Kokosbusserl und Linzeraugen gebacken hat. Sie schmecken vorzüglich und wir freuen uns schon auf die täglichen Keksrationen. Besonders gefreut haben wir uns über die Kekse in Segelbootform. Dazu hören wir Weihnachtslieder und drehen kurz nach Sonnenuntergang unsere Weihnachtsbeleuchtung auf - sehr schön aber mitten am Atlantik bei 25 Grad auch ein wenig skurril.
Für die Nacht fahren wir mit dem Groß im 2. Reff und der Genoa im 3. Trotzdem sind wir noch immer schnell und fahren mit ca. 6 Knoten. Wir sind bereit für die Nachtschicht.
Etmal (bis 12 Uhr - 20h 15min): 129 nm
Distanz bis Tobago: 2063 nm
Essen: Orientalische Wraps mit Grillgemüse
Adventkalender Kuvert 4: ein Meerjungfrauen- und ein Robbensocken von Lexi und Jelly - Dankeschön, immerhin bleibt jetzt ein Fuß warm, bei 25 Grad ist das kein Problem.
An Paul und Ellis Rätselnachricht von gestern beißen wir uns gerade noch die Zähne aus, immerhin haben wir schon 5/12 Rätsel gelöst. Noch geben wir aber nicht auf und ein bissi Zeit haben wir ja noch.
Atlantiküberquerung Tag 3
Thu Dec 05 2024 11:04:00 GMT-0100 (Cabo-Verde-Normalzeit)
Die Nacht war sehr schaukelig, aber sonst ruhig. Es soll die maximale Wellenhöhe für die nächsten Tage sein und im Laufe des Tages abnehmen. Wir wechseln noch vor Mitternacht die Segelstellung und fahren wieder Schmetterling. Wir fahren die ganze Nacht in Sichtweite der Namai, nachdem wir sie am Vortag verloren haben. Es ist angenehm noch ein zweites Boot in Sichtweite zu haben, ansonsten sehen wir nämlich keine.
In der Früh ist es tatsächlich schon ruhiger und Stefan spielt mit Levent die versprochene Funkschachpartie und die Jagdsaison ist mit dem Zuwasserlassen unserer Angelleine auch wieder eröffnet. Die Seekrankheitssymptome haben mittlerweile nachgelassen und alle haben sich schon ans Schaukeln gewöhnt. Nach einer 3-stündigen Schachpartie muss sich Stefan leider knapp, aber doch geschlagen geben. Den Zwischenstand - Namai: 1, Vaquita: 0 - lassen wir aber nicht auf uns sitzen. Wenn wir schon nicht im Schach gewinnen können, wollen wir zumindest das schnellere Boot sein - wie wir alle wissen ist es eine Regatta, sobald 2 Boote im Spiel sind. Also raus mit dem Reff und mit Full-Speed in Richtung Karibik. Am frühen Nachmittag bauen wir unseren Vorsprung soweit aus, dass wir sie über Funk und AIS nicht mehr erreichen können. Zuvor konnten wir ihnen aber noch eine gute Reise wünschen und uns vorerst verabschieden.
Wir wissen aber, dass sie mit Gennaker weitersegeln und so probieren wir sie nach unserer Weihnachtskeksjause nochmal über Funk zu erreichen. Und tatsächlich hören wir uns noch, obwohl wir uns auf AIS nicht mehr sehen können. Um uns die Zeit zu vertreiben, spielen wir noch eine Runde Schiffe versenken über Funk. Jeder gibt dafür an, mit welchen Längen- und Breitengraden das Feld begrenzt ist, welches 10 x 10 Minuten groß ist. Zusätzlich zu unseren eigenen Booten, von denen die tatsächliche Position erraten werden muss, hat jedes Team noch 3 Piratenboote mit jeweils 3 Feldern. Dieses Spiel können wir für uns entscheiden und trennen uns vorerst mit einem Punktestand von 1:1.
Mit Butterfly geht es für uns wieder mal in die Nacht. Der Wind schwankt zwischen 12 und 17 Knoten und leider lässt die Welle die Segel manchmal schlagen. Hoffentlich können wir halbwegs schlafen.
Etmal: 149 nm (unser bisheriger Rekord)
Distanz bis Tobago: 1917 nm
Essen: Spanische Brettljause
Adventkalender Kuvert 5: Krampusgedicht und Christbaumschoki von Peters Tante - Danke! Wir wünschen dir alles Gute zum Geburtstag und denken an dich!
Fröhlichen Krampustag alle miteinander! Ich (Ines) habe eh zwei an Bord.
Atlantiküberquerung Tag 4
Fri Dec 06 2024 12:39:00 GMT-0100 (Cabo-Verde-Normalzeit)
Die Nacht war einigermaßen ruhig. Wind und Welle haben im Laufe der Zeit abgenommen und die Segel haben zum Glück nicht allzu viel geschlagen. In der Früh sind wir nur noch mit 4 Knoten unterwegs und so ist es wieder Zeit für den Gennaker. Mit dem Leichtwindsegel machen wir wieder gut 6 Knoten Fahrt.
Wir lassen wieder die Angelleine raus, doch vorerst fangen wir mit dem Haken nur Sargassum Seegras, das immer mehr an der Oberfläche treibt. Kaum haben wir den letzten Satz geschrieben, tut sich doch was an der Angel-Front. Die Dose schlägt an und wir sehen hinter unserem Heck einen Fisch an die Oberfläche springen. Schnell machen wir alles bereit, um den Fang a Bord zu holen. Plötzlich ist kein Druck mehr auf der Leine und der Fisch ist mitsamt dem Köder weg. Sehr ärgerlich, wir hatten uns tatsächlich schon auf eine gute Mahlzeit gefreut. Wir bringen den 2. Köder aus und kurz darauf schlägt die Dose wieder an - oder wie wir an Bord sagen “der Hund bellt”, weil die Tropical Bierdose einen Hundekopf als Logo hat. Allerdings ist auch jetzt wieder der Fisch samt Köder weg. Wir müssen offensichtlich die Taktik ändern und nehmen für den nächsten Köder eine etwas dickere Nylonleine, die wir mit unserer (Hunde)Handleine verbinden. Wir nennen den schwarzen Tintenfischköder Tintifax, wie den Zauberer vom Kasperl, und bitten ihn uns gute Dienste zu erweisen und sich an unserer Leine gut festzuhalten. Nach einer kleinen Zeremonie lassen wir ihn zu Wasser, hoffen das Beste und warten. In der Zwischenzeit gibt’s als kleinen Snack eine selbstgemachte Gazpacho. Es ist ein herrlicher Segeltag mit angenehmer Welle und perfekten Wind für den Gennaker.
Am späten Nachmittag heißt es wieder Tea Time mit Weihnachtskeksen und wir machen wieder ein Kuvert vom Adventskalender auf. Während Ines und Peter das Nikolorätsel von Lena und Raphi lösen, macht Stefan sein eigenes Nikologeschenk von seiner guten Freundin Selina auf. Es ist ein liebevoll gestaltetes Büchlein mit Fotos und lustigen Geschichten ihrer Freundschaft (@Seli vielen Dank, hab mich richtig gefreut!!). Zum Abschluss gibt es noch Schokonikoläuse von Peters Eltern. Vielen lieben Dank an alle, dass ihr uns die Zeit auf See versüßt!
Wir unterhalten uns schon darüber, was wir am Abend essen wollen. Wir haben alle nicht wirklich Lust großartig zu kochen. Doch weit kommen wir mir unserem Brainstorming nicht, da bellt der Hund zum 3. Mal am heutige Tag. Diesmal hängen sowohl Köder als auch Fisch noch an der Leine. Also rein damit. Es ist ein Thunfisch! Er ist ca. 50 cm lang, also wieder perfekt für uns! Wir sind uns nicht ganz sicher, ob es ein Blue Fin Tuna oder ein Bonito ist, das müssen wir dann an Land recherchieren.
Da während dem Filetieren schon die Sonne untergeht, beschließen wir den Fisch trotz allem erst morgen zu essen.
Etmal: 122 nm
Distanz bis Tobago: 1802 nm
Essen: Gazpacho zu Mittag, Fertigramen abends
Adventkalender Kuvert 6: Lena und Raphi lassen uns ein Kreuzworträtselrätsel lösen und schicken Kramperltee für Peter und Nikolotee für Ines. Dankeschön nicht nur für das, sondern für das Zusammenstellen des ganzen Adventskalenders. Es ist richtig, richtig süß!
Schönen Nikolotag, hoffentlich war euer Nikolaus auch so brav wie unserer!
Atlantiküberquerung Tag 5
Sat Dec 07 2024 09:55:00 GMT-0100 (Cabo-Verde-Normalzeit)
Die Nacht verläuft größtenteils ruhig, doch mitten in der Nacht geraten wir unter Beschuss. Gleich 3 fliegende Fische (ja die können wirklich fliegen, teils bis zu 50m weit und ein paar Meter hoch) schlagen auf unserem Deck ein. Ein sehr großes Kaliber (200 mm) konnte von Peter abgewehrt und lebend mit seinem E-Reader wieder ins Wasser zurückbefördert werden. Die anderen beiden sind eingeschlagen - zum Glück haben sie kein Loch ins Freibord gerissen.
Stefan, 27, steht im Niedergang, starrt auf die Schaumkronen am Meer, lamentiert über die Abwesenheit von Säugern, abseits der zwei an Board, denkt nach und spricht: “Der Atlantik ist schon fucking groß, eigentlich.”
Abseits des - wie dem aufmerksamen Leser wahrscheinlich nicht zu Entgehen ist - zunehmenden geistigen Verfalls, ist uns Neptun mit gutem Wind und Wetter gnädig und wir machen guten Fortschritt Richtung Pirate‘s Bay, Tobago. Ganz entspannt und mit guter Laune haben wir heute 1/4 der Strecke heruntergespult. Wir haben zunehmend in eine Art Boardalltag gefunden, das Highlight ist dabei der Afternoontea mit Weihnachtskeksen und Adventkalender öffnen. Ansonsten blöd Schauen, Wetter schauen, lesen, kochen, spielen (Ines und Stefan haben ihre Backgammon Kenntnisse wieder aufgefrischt), sonnen, Musik hören, jagen, Sprossen kultivieren und schlafen.
Etmal: 141 nm
Distanz bis Tobago: 1664 nm
Essen: Zu Mittag Inzersdorfer Szegediner Gulasch (ja das erste war für Pezi fällig). Abends: Unsere gestern in den Sargassumseegrasfeldern erlegte Kuh des Meeres wird gerade von Stefan scharf angebraten und mit asiatischen Aromen verfeinert.
Adventkalender Kuvert 7: Danke Philip für die Behmische Weihnachtsgeschichte und die Schoki! Oder wie der Behme so schen sagt: „Dankeschen gnediger Herr!“
Playlist: Danke Euch allen für Eure Lieder, dank der knapp 30 Stunden Spielzeit hören wir hier weniger Wiederholungen als der durchschnittliche Ö3 Hörer ertragen muss.
Wir schicken Euch Sonne und ein wenig Wärme vom fucking großen Atlantik!
Atlantiküberquerung Tag 6
Sun Dec 08 2024 16:30:00 GMT-0100 (Cabo-Verde-Normalzeit)
Gestern Abend wurde der Atlantik noch zum großen Kinosaal umfunktioniert. Ein iPad und eine Bluetooth Box wurden im Niedergang befestigt und dienten als unsere große Leinwand. Im gestrigen Programm lief der österreichische Klassiker „Muttertag“. Glücklicherweise mussten wir bei der Lautstärke nicht auf unsere Nachbarn Rücksicht nehmen, denn außer einem Containerschiff, das mit einem Abstand von 5 Meilen an uns vorbei fuhr, sehen wir keine anderen Schiffe - nicht einmal am AIS.
Der Film hat uns großartig mit teils grenzwertig schwarzem Humor unterhalten. Die darauf folgende Nacht verlief scheinbar ruhig, denn niemand hat sich auf Willi draufgesetzt und wir konnten im Schweinsgalopp gut Meilen machen. Stefan hat in seiner Schicht „nur gschaut“ und Peter ist auch kein Hustinettenbär mehr.
Erst bei Sonnenaufgang konnte das Ausmaß des Angriffes von suizidalen fliegenden Fischen festgestellt werden. Gleich 6 Tiefflieger haben auf dem Vordeck von Vaquita eingeschlagen. Nach einer Seebestattung der Fische gibt es erstmal Frühstück, damit ist unser letzter Vorrat an frischem Brot aufgegessen - von nun an gibt es abgepacktes Pumpernickel und vor allem Tortillas.
Die Welle hat wieder zugenommen und hier und da ist auch eine von der Seite dabei, die uns unerwartet am Heck packt und uns gut ausdreht. Manchmal jedoch ist es für mehrere Minuten ruhig und Vaquita fährt wie auf Schienen Richtung Westen. Einzelne Protagonisten neigen daher dazu sich von Zeit zu Zeit in falscher Sicherheit zu wiegen und machen es sich zu gemütlich. Heute hat es Ines in genau so einem Moment kalt erwischt. Sie liegt entspannt im Cockpit, vertieft in ihr Buch. Eine Welle später liegt sie mitsamt ihrer Sitzunterlage am Boden des besagten Cockpits. Zusätzlich zum großen Schreck gibt es noch einen blauen Fleck am Schienbein gratis dazu. Aber auch für Peter hat der Atlantik eine schöne Überraschung in petto. Dieser hält es scheinbar nicht für notwendig die Fenster im Salon zu schließen - dies sollte er spätestens bei seinem Nachmittagsschläfchen bitter bereuen. Es kommt wie es kommen musste und eine Welle küsst ihn mit nassen und kalten Lippen schlagartig wach.
Wie man an den immer ausgeschmückteren Tagesberichten merkt, geht es uns gut und wir machen uns eine gute Zeit an Bord.
Etmal: 138 nm
Distanz bis Tobago: 1510 nm
Essen: Hot Dogs zu Mittag und Couscous mit orientalischem Grillgemüse am Abend
Adventkalender Kuvert 8: Nicole schickt uns Grüße aus der Steiermark und ein Zirberl. Vielen Dank, jetzt haben wir den perfekten Manöverschluck, wenn wir in Pirates’ Bay ankommen!
Wiederschaaaauuuun!
Atlantiküberquerung Tag 7
Mon Dec 09 2024 12:54:00 GMT-0100 (Cabo-Verde-Normalzeit)
Nach dem gestrigen Abendessen funkt uns zum ersten Mal seit der Namai ein Boot an. Sie wollen wissen, wohin wir in die Karibik fahren. Wir antworten Tobago und stellen ihnen dieselbe Frage. Darauf kommt keine Antwort und die nächste Frage ihrerseits: „How many people are you on board?“. Wir sind kurz irritiert und haben irgendwie ein komisches Gefühl. Wir beantworten die Frage mal nicht und fragen sie lieber nochmal wo sie hinwollen. Im Endeffekt stellt sich heraus, dass es ein französischer Katamaran ist und sie nur plaudern wollen. Sie erzählen uns, dass sie nach Guadeloupe fahren und dass sie die Überquerung bis jetzt genießen - abgesehen von der Tatsache, dass sie Bier und Creme fraiche vermissen. Eine seltsame Kombi in dem Zusammenhang wie wir finden. Ansonsten war es ein nettes Gespräch und wir wünschen uns gegenseitig alles Gute für die restliche Überfahrt.
Auch an Bord der Vaquita heißt es am Montag wieder arbeiten. Zur Stärkung gibt es Palatschinken zum Frühstück. Danach werden die drei fliegenden Fische - der kleinste 2 cm und der größte ca. 20 cm - vom Deck entfernt und seebestattet. Vor dem Entreffen des Großsegels bergen wir es einmal komplett und schmieren die Mastrutscher mit einem Gleitspray, damit es sich wieder leichter rauf und runterziehen lässt. Wir füllen unseren zu 3/4 vollen Wassertank mit zwei Kanistern wieder voll. Wir haben in den 6 Tagen ca. 50 Liter Süßwasser verbraucht und haben noch in etwa 290 Liter übrig. Es folgt eine Generalreinigung - nicht nur bei uns sondern auch am Boot. Die Luken sowie unser Windshield sind schon so mit Salz verkrustet, dass man kaum noch durchsieht, am Deck finden sich viele kleine Fischschuppen von den nächtlichen Angriffen und auch unser Cockpit ist schon sehr dreckig, obwohl wir es fast täglich spülen.
Mittlerweile merken wir auch deutlich, dass die Sonnenauf- und Untergänge seit unserem Aufbruch in Mindelo jeden Tag ein bisschen später stattfinden. Heute in der Nacht haben wir den 37. Längengrad nach Westen überschritten. Das heißt für uns es ist an der Zeit, die Uhren an Bord eine Stunde nach hinten zu stellen - die erste von drei Umstellungen bis zu unserer Ankunft in Tobago. Wir können auf jeden Fall jetzt schon festhalten, dass man sich bei einer Transatlantikreise mit dem Segelboot im Vergleich zum Flugzeug zumindest den Jetlag erspart - können wir wärmstens empfehlen.
Segeltechnisch ist heute ein recht schwieriger Tag. Zwischen 11 und 20 Knoten Wind mit Böen ist alles dabei. Das macht es sehr schwierig, die richtige Besegelung zu wählen. Jedes Mal, wenn wir uns entschieden haben die Segel anzupassen, verändert sich der Wind und macht alle vorangegangenen Überlegungen obsolet. Schlussendlich wählen wir die konservative Variante mit gerefftem Großsegel und Genoa - daher sind wir nicht so schnell aber zumindest auf der materialschonenden und sicheren Seite unterwegs. Action gibt es, als plötzlich die Rollreff-Anlage der Genua streikt. Die Furlingleine hat sich am Bug verklemmt. Also heißt es vor zum Bug, die Genoa manuell einrollen und schließlich die Furlingleine mühsam entwirren. Nach ca. einer halben Stunde ist alles wieder gefixt und wir können wieder normal weitersegeln.
Etmal: 132 nm
Distanz bis Tobago: 1384 nm
Essen: Palatschinken, Couscous vom Vortag
Adventkalender Kuvert 9: Danke Kölbl für das wilde Foto, da waren wir noch ein bissl jünger, aber eine schöne Erinnerung! Meine erste Dose Inzersdorfer Kulturgut hab ich mir nun auch schon einverleibt, ich glaub jetzt bin ich erwachsen. Liebe Grüße vom Ozean, hoff bei Dir passt alles!
1/3 der Strecke haben wir schon geschafft - wir können den karibischen Rum langsam schon schmecken!
Atlantiküberquerung Tag 8
Tue Dec 10 2024 15:55:00 GMT-0100 (Cabo-Verde-Normalzeit)
In der Nacht waren wir ziemlich schnell unterwegs und konnten gegenüber dem Tag wieder einige Seemeilen gutmachen. Obwohl der Halbmond schon sehr hell leuchtet, können wir nicht nur viele Sterne, sondern auch Jupiter, Saturn, Venus und Mars am Himmel sehen.
In der Früh lassen wir dann wieder unseren getreuen Angelköder Tintifax mit ca. 50 Meter unserer Handleine-Hundeleine ins Wasser und stellen unsere Hundedose scharf. In der Zwischenzeit haben wir schon wieder Lust auf Fisch und hoffen nach dem letzten Thunfisch mal wieder auf einen Mahi Mahi. Nach dem Frühstück und einem gemütlichen Vormittag bellt tatsächlich zu Mittag der Hund, ein Fisch! Wie schon prophezeit beißt er genau in dem Moment, als Stefan sich gerade zu seinem Mittagsschlaf hinlegt. Also nichts mit Schlafen, stattdessen heißt es den Fang an Bord holen. Ein 70 cm langer Mahi Mahi, unser größter Fang bis jetzt. In der Zwischenzeit haben wir ein bisschen Routine und innerhalb einer Stunde ist der Fisch filetiert und im Kühlschrank.
Der Wind und die Welle nehmen gerade ein wenig, wie vorhergesagt, zu und wir flitzen Richtung Westen. Die nächsten 2-3 Tage wird es ein wenig sportlicher, denn es sind 2,7 Meter Welle und über 20 Knoten Wind angesagt, da schlagen die Segel wenigstens nicht und wir sollten noch gut vor Weihnachten in Tobago ankommen.
Als wir heute die Karte studieren merken wir, dass wir uns heute an dem Punkt unserer Reise befinden, an dem wir am weitesten von jeglichem Land entfernt sind - quasi an unserem persönlichen Point Nemo. Die Kapverden sind mittlerweile gut 900 Meilen (ca. 1650 km) hinter uns und das distanzmäßig nächste Land (Französisch Guyana) liegt genauso weit im Südwesten. Zur Relation, das ist in etwa die Luftlinie Wien - Moskau, ziemlich wild eigentlich wenn man sich das so vor Augen hält.
Stimmung ist Top, wir genießen die Ruhe.
Etmal: 140 nm
Distanz bis Tobago: 1237 nm
Essen: Dreikornbrot mit Eckerlkäse und selbst gezogenen Sprossen. Afrikanischer Tomatenreis mit Mahi Mahi Filets.
Adventkalender Kuvert 10: Alles Gute zum Namenstag Papa! Ja wir haben wirklich schon an dich gedacht, auch bevor wir eurer Kuvert aufgemacht haben. Danke für den süßen Brief und die Fotos. Wir freuen uns auch schon euch bald in Martinique wieder zu sehen. Deine SMS haben wir bekommen, in der Zwischenzeit sind wir fast bei der Hälfte.
Atlantiküberquerung Tag 9
Wed Dec 11 2024 08:21:00 GMT-0100 (Cabo-Verde-Normalzeit)
Die letzte Nacht war die unruhigste Nacht bisher. Böen mit bis zu 30 Knoten und 2,5 Meter Welle haben uns die ganze Nacht gut beschäftigt und trotz gespannter Leesegel (so wie ein Gitterbett, nur kein Gitter sondern Stoff) gestaltet sich schlafen ein wenig schwierig. Aber das gehört dazu, es würde sich zugegebenermaßen ein bisschen falsch anfühlen, wenn wir in den über 2 Wochen Überfahrt nicht hier und da die rauere Seite des Atlantiks zu Gesicht bekommen würden. Nichtsdestotrotz sind wir heute allesamt sehr müde und die Bewegungsabläufe gehen deutlich langsamer von der Hand. Wir versuchen tagsüber den fehlenden Schlaf der letzten Nacht nachzuholen, was uns teils gut, teils eher mäßig gelingt. Die Wellen sind tagsüber gegenüber der Nacht noch ein bisschen höher geworden und das soll zumindest diese Nacht auch noch so bleiben. Um also den Schlaf in der Nacht vorsorglich ein wenig besser zu machen, näht Ines dankenswerterweise noch ein bisschen an den Leesegeln. Die sind jetzt super stabil und halten sogar einem ungebremsten Aufprall von Peters oder Stefans Luxuskörper stand.
Segeltechnisch lässt sich der Tag auf eine einzelne Aktion in der Früh begrenzen. Es ist Zeit wieder ein bisschen Richtung Süden abzudrehen, das heißt wir müssen eine Halse fahren. Leichter gesagt als getan - mit Bulli und Spibaum umbauen nimmt das schon einmal fast eine Stunde in Anspruch und wir sind dabei alle drei gut beschäftigt. Danach haben wir uns unser Frühstück aber verdient und fahren auch wieder einen besseren Kurs.
Um halb 12 war es dann nach 7 Tagen und 20 Stunden soweit, wir konnten Bergfest - oder auch anders gesagt Halbzeit - feiern. Wir sind jetzt laut unserer Route noch 1099 Meilen von Tobago entfernt und haben genauso viele Meilen seit unserer Abfahrt in Mindelo hinter uns. Zu diesem Anlass gönnen wir uns und auch Neptun einen Schluck Rum. Auf dass uns die Winde die nächsten Tage auch so gut voranbringen wie in den letzten 8 Tagen.
Am Abend zaubert Stefan noch Ceviche und brät das Mahi Mahi Filet. Er ist definitiv der Fischexperte an Bord, auch wenn er das bei der Abreise aus Österreich noch keineswegs war.
Etmal: 148 nm
Distanz bis Tobago: 1102 nm
Essen: Quesadillas, Ceviche mit frischem Mahi Mahi, die Reste vom Afrikanischer Tomatenreis mit Mahi Mahi Filets.
Adventkalender Kuvert 11: So viele Fotos und liebe Nachrichten! Danke, danke, danke an Julia, Gugi, Anna, Stefan, Joe, Elke und Chris! Und natürlich auch anan Kelly. Wir freuen uns schon auf gemeinsame Abende bei einem guten Achterl.
Besonderen Dank an Julia, einerseits für die motivierenden Worte und andererseits auch fürs Revue passieren lassen unserer Freundschaft. Ich freu mich schon bald neue Erinnerungen und Fotos entstehen zu lassen.
Peters persönliche Nachricht an Gugi: „Sometimes I wish I were an angel!“
Abschließen noch ein paar Gedanken und Aussagen der Teilnehmer zur letzten Nacht - die meisten davon sind ziemlich stumpf aber vielleicht erheitert es ja Einzelne:
„Vermutlich hatten Katapulte im Mittelalter eine ähnliche Schleuderkraft wie mein Bett gerade“
„Ich hab die letzte Nacht mehr Abfahrten gemacht als Hermann Maier in seiner gesamten Karriere“
„Eine Waschmaschine im Schleudergang macht vermutlich den ganzen Tag auch nix anderes“
„Bilbo tut es wahrscheinlich nicht so sehr Beutlin wie uns“
„Im Alter von 6 Monaten hab ich wahrscheinlich stabiler gehen können als jetzt gerade“
„Die Kinder im Wellenbecken in der Therme können einpacken gegen uns“
„Manchmal hab ich geglaubt ich bin der Niki Lauda, so schnell wie ich teilweise aus dem Bett fahr“
„Vielleicht sind 8 Tage kein Alkohol auch nicht die Lösung“
„Ich taufe dieses Bett auf den Namen Berg Isel“
Atlantiküberquerung Tag 10
Thu Dec 12 2024 14:58:00 GMT-0100 (Cabo-Verde-Normalzeit)
Bis auf Sicht- und Funkkontakt mit einem anderen Segelboot ist heute nicht viel passiert. Die Wellen schaukeln uns mal mehr, mal weniger durch, doch der Wind ist ziemlich konstant und wir müssen nicht viel an den Segeln ändern. So fahren wir Meile für Meile in Richtung Tobago.
Damit wir hier nicht nur unseren geistigen Verfall kundtun, für die wissbegierigen Leser hier ein Wissensfakt:
Wir werden nicht nur von dem Passatwind in die Karibik geblasen sondern haben auch die warme Nordäquatoriale Strömung mit uns. Diese ist Teil eines Strömungskreislauf des Nordatlantik. Der bekannte Golfstrom verläuft entlang der Küste der USA nach Norden und wird dann aufgrund der Drehbewegung der Erde und dem dadurch entstehenden Coreoliseffekt nach Osten umgeleitet. Auf der anderen Seite des Atlantiks stößt der Golfstrom (transportiert warmes Wasser in den Norden) auf die europäische Küste und wird dort auf ein Neues umgeleitet. Ein Teil wird in Richtung Nordsee umgeleitet und ein anderer in den Süden. Der südliche Teil wird Kanarenströmung genannt (transportiert kaltes Wasser Richtung Äquator) und geht, wie der Name schon sagt, in Richtung Kanaren und weiter zu den Kapverden. Diese kalte Strömung hat uns schon gut zu den genannten Destinationen gebracht. Die Wärmeunterschiede zwischen der Kanarenströmung und der Nordäquatorialen Strömung können wir gerade sogar live beobachten - mittlerweile hat der Atlantik an dem Punkt an dem wir uns gerade befinden angenehme 27,8 Grad.
Da Strömungen durch Winde entstehen und die Passatwinde über dem Äquator auf der Nordhalbkugel Richtung Westen blasen, wird die Kanarenströmung gegen Westen abgelenkt und zur Nordäquatorialen Strömung, die wiederum in den Golfstrom fließt. Direkt am Äquator gibt es die sogenannte Konvergenzzone, in der es keine vorherrschende Windrichtung gibt, bei Seglern daher nicht sehr beliebt.
Auf der Südhalbkugel bewirkt der Coreoliseffekt die umgekehrte Drehbewegung, also gegen den Uhrzeigersinn. Die südäquatoriale Strömung fließt südlich vom Äquator auch von Ost nach West und wird bei Brasilien zur Brasilianischen Strömung, die Richtung Süden verläuft (bringt warmes Wasser in die kalten Regionen). Die Antarktische Strömung leitet sie Richtung Osten um. Die Benguela Strömung wiederum transportiert kaltes Wasser von Südafrika Richtung Äquator, das schließt den südatlantischen Strömungskreislauf.
Das Ganze bewirkt einen gigantischen Wärme- und Nährstoffaustausch. Ersterer ist auch für uns an Land deutlich spürbar.
Wir haben hier alles sehr vereinfacht dargestellt, entnommen ist es dem Buch „Blue Machine“ von Helen Czerski. Eine Leseempfehlung, das Buch gibt einen exzellenten, leicht lesbaren Überblick der wichtigsten Dynamiken der Ozeane und deren Auswirkungen.
Etmal: 142 nm
Distanz bis Tobago: 955 nm
Essen: Zu Mittag gab es Tortillas mit italienischem Nduja. Es war sehr lecker, aber zum Glück haben wir keinen Italiener an Bord - der hätte vermutlich eine Meuterei gestartet. Zum Abendessen sind wir uns gerade noch nicht sicher ob wir vegetarisches Curry mit Tofu kochen oder uns doch eine Speckjause einverleiben - oder vielleicht auch das Beste aus beiden Welten?.
Adventkalender Kuvert 12: Danke für die lieben Grüße von Bibi, Raffi und Tim. Wahnsinn wie groß der Kleine schon ist! Von den bunten Herbstfarben am Foto können wir nur träumen - hier sind es nur Blautöne.
Atlantiküberquerung Tag 11
Fri Dec 13 2024 17:44:00 GMT-0100 (Cabo-Verde-Normalzeit)
Nach über 10 Tagen haben wir heute die erste größere Regenfront abgeschossen. So ganz unglücklich waren wir aber nicht darüber. Wir haben das gleich ausgenutzt und uns mit dem Regen eine Süßwasserdusche gegönnt - die erste nach 10 Tagen. Auch wenn wir uns mittlerweile an das Salzwasser des Atlantiks gewöhnt haben, freuen wir uns einmal nicht von oben bis unten salzig zu sein. Nicht nur uns tut das gut, sondern auch dem Boot. Der Regen hat das Deck von Vaquita vom Salzwasser befreit, was vor allem dem Holz zugute kommt. Aber auch durch unsere Luken und unser Windshield sehen wir jetzt wieder exzellent. Ansonsten waren wir wetterbedingt viel unter Deck, denn es waren mehrere Regenzellen, die uns erwischt haben. Regelmäßig mussten wir unser gemütliches Wohnzimmer verlassen, um die Segel anzupassen, aber auch um die Regenpausen an frischer Luft zu genießen. Der Wind war heute unregelmäßig und vor allem böig, aber mit dem Großsegel im 2. Reff und der stufenlos reffbaren Genoa konnten wir immer schnell und vor allem früh genug auf die Veränderungen des Windes reagieren. Die Welle schaukelt uns nach wie vor durch und einige wenige Exemplare kommen (warum auch immer…) von der Seite, was den Spaßfaktor noch zusätzlich erhöht. Am Ende der letzten Regenzelle wurden wir immerhin mit einem wunderschönen Regenbogen belohnt.
Nachdem es dann gestern schlussendlich doch vegetarisches Curry, noch dazu ohne Tofu, zum Abendessen gab (ja Ines hat sich durchgesetzt), durften wir uns heute Nachmittag an der Speckjause ergötzen. Hier ein spezieller Dank an Stefans Papa, dem Selchmeister unseres Specks!
Etmal: 138 nm
Distanz bis Tobago: 821 nm
Essen: Speckjause und vermutlich noch das nicht vergleichbare Nr. 1 Kulturdosenfutter in Österreich zum Abendessen.
Adventkalender Kuvert 13: Danke Blumerl, für deinen lieben Worte! War eine geile Zeit zusammen in Mallorca. Wir würden uns sehr freuen, Dich nochmal in der Karibik oder wo auch immer mitzunehmen. Liebe Grüße nach Hause und eine besinnliche Weihnachtszeit!
Atlantiküberquerung Tag 12
Sat Dec 14 2024 15:20:00 GMT-0100 (Cabo-Verde-Normalzeit)
Nach der gestrigen Regenzellen haben wir heute einen Segeltag wie im Bilderbuch. Der Wind und Welle haben deutlich abgenommen und so war es wieder an der Zeit unseren guten Freund, den Gennaker, zu hissen. Den Gennaker zu setzen bedeutet zwar immer Arbeit, aber in diesem Fall macht sich das mehr als bezahlt. Bei fetzblauem Himmel und Sonnenschein schiebt er uns mit über 7 Knoten durch das blaue Wasser.
Da am Nachmittag der Wind wieder etwas zunimmt, bergen wir den Gennaker und segeln mit der Genoa weiter. Wir machen immer noch gute Fahrt.
Da das Segeln endlich wieder gemütlich ist, beschließen Stefan und Ines Brownies zu backen. Die gibt es heute statt den Keksen zur Weihnachtsjause - wir müssen uns die Kekse etwas einteilen, um zu Weihnachten noch welche zu haben.
Heute ist es wieder Kinozeit auf der Vaquita. Im Bildungsauftrag Stefan einige Klassiker zu zeigen, gibt es nach der österreichischen Kost diesmal ganz großes Kino. Um 19:30 steht Titanic am Programm. Zum Glück gibt es auf dem tropischen 13. Breitengrad keine Eisberge.
Etmal: 138 nm
Distanz bis Tobago: 680 nm
Essen: Speckjause für die Burschen und Suppenküche für Ines.
Adventkalender Kuvert 14: Danke Battleham für den süßen und lustigen Brief. Wir sind auch froh dich unsere Freundin nennen zu dürfen und freuen uns auch schon dich bald wiederzusehen. Das Silvestergulasch holen wir natürlich nach - wir suchen uns einfach einen anderen Anlass!
Atlantiküberquerung Tag 13
Sun Dec 15 2024 14:48:00 GMT-0100 (Cabo-Verde-Normalzeit)
Nach über 12 Tagen, an denen wir bereits nach Südwesten düsen, bekommen wir Tag für Tag die tropische Hitze immer mehr zu spüren. Mittlerweile hat es an die 30 Grad und die Luftfeuchtigkeit hat deutlich zugenommen. Der Wind weht heute auch nur schwach also bleibt die kühlende Wirkung des Passatwindes auch aus. Zugegeben, wir wollen uns hier keinesfalls beschweren - gerade wenn die Alternative der österreichische Winter ist und man umgeben ist von lauem aber doch erfrischendem Atlantikwasser.
Aufgrund des schwachen Windes ist es heute auch wieder Zeit für den Gennaker. Dieser funktioniert bei ca. 10 Knoten Wind am besten mit einem Raumschotkurs, das heißt mit Wind schräg von hinten. Der Wind ist zu schwach, um direkt vor dem Wind zu fahren, daher kreuzen wir vor dem Wind, um den Kurs Richtung Tobago beizubehalten. Auch wenn unser Kurs nicht ganz der richtige ist, so ist das Leben an Bord aufgrund der gemäßigten Welle schön und deutlich angenehmer als noch vor ein paar Tagen. Wir erfreuen uns an kleinen Dingen und schauen den Passatwolken beim Vorbeiziehen zu oder den Wellen wie sie sich eine nach der anderen unter dem Heck von Vaquita hindurch schieben. Wir genießen die Zeit an Bord und das relativ ereignislose Leben gerade in vollen Zügen - vor allem jetzt, da das Ende der Überfahrt langsam, aber sicher greifbar wird und wir bald ins bunte und geschäftige Leben der Karibik eintauchen werden.
Um 14:00 haben wir den 52. Längengrad überschritten, daher ist es wieder einmal Zeit die Uhren für eine Stunde nach hinten zu drehen. Mittlerweile sind wir in der Zeitzone GMT-3, das heißt es sind schon 4 Stunden Zeitunterschied zu Österreich.
Etmal: 149 nm (irgendwie sind uns die 150 nm nie vergönnt)
Distanz bis Tobago: 531nm
Essen: Tortilla española zum Frühstück, Speckjause am Nachmittag und zum Abendessen Steinpilzrisotto mit getrockneten Pilzen aus dem Ofenbacher Wald - danke Opa und Oma fürs Sammeln und Trocknen!
Adventkalender Kuvert 15: Danke Irina für deinen lieben Brief. Es freut uns dir mit den Bildern unserer Reise eine Freude machen zu können. Wir freuen uns schon dir auch persönlich davon berichten zu können. Ganz liebe Grüße vom Atlantik!
Atlantiküberquerung Tag 14
Mon Dec 16 2024 20:59:00 GMT-0100 (Cabo-Verde-Normalzeit)
Hier ein paar Gedanken die man nach 14 Tagen durchgehender Überfahrt hat - immerhin sind wir jetzt so lange unterwegs, wie der durchschnittliche Sommerurlaub dauert:
Um in die Karibik zu kommen, könnte man ganz entspannt in Schwechat in den Flieger steigen. Dann wäre man nach ca. 10h Flugzeit dort, könnte zwei schöne Wochen genießen und vermutlich wäre man jetzt schon wieder erholt daheim. Oder man könnte auch knappe vier Wochen zu dritt auf 10 Quadratmeter verbringen und sich 24h am Tag von Wind und Welle treiben und hin und wieder auch ordentlich durchschütteln lassen. Für welche Möglichkeit wir uns entschieden haben, ist hoffentlich mittlerweile klar. Wie man an der ersten Möglichkeit erkennt, gibt es deutlich einfachere Arten die karibische Inselwelt zu entdecken - aber mit Sicherheit keine schönere und keine, die sich so verdient anfühlt, wie die, die wir gewählt haben. Zugegeben eine Flugreise ist mit dem Abenteuer, das wir hier gerade erleben, nicht zu vergleichen und dem sind wir uns auch durchaus bewusst. Die Aussage “der Weg ist das Ziel” war vermutlich selten passender. Unser ursprünglicher Plan war spätestens am 24.12., zum Ende des Adventskalenders, anzukommen. In der Zwischenzeit sieht es danach aus, als hätten wir ein paar Bonusschokostücke, welche wir zum Rum genießen können. Wir sind immerhin schneller als geplant und so sollten uns noch gute drei Woche zusammen in der Karibik bleiben, bevor Stefan wieder zurück muss - da wird er dann aber doch den Flieger nehmen.
Auch wenn die Wellen wieder etwas höher geworden sind, genießen wir den sonnigen Segeltag und kommen gut voran. Wir lesen, plaudern, kochen, spielen Gitarre und singen, machen eine kurze Sporteinheit und lassen Tintifax, unseren treuen Fischköder, wieder mal zu Wasser. Zur Abwechslung haben wir nicht gleich nach wenigen Stunden einen Fisch an der Leine. Das freut uns tatsächlich mehr als es uns frustriert, weil bis jetzt hat das Fischfangen fast ein bisschen zu gut funktioniert und so bleibt es zumindest spannend. Sieht so aus als gäbe es Tempeh anstatt Fisch zum bereits von Peter gekochten Süßkartoffelpüree.
Kurz vor Sonnenuntergang ist der bisher magischte Moment unserer Reise. Uns besuchen Delfine, aber nicht nur ein paar sondern gleich an die 20 Individuen. Sie schwimmen über eine halbe Stunde mit uns mit und spielen sich nicht nur in unserer Bugwelle, sondern liefern uns sogar eine akrobatische Sprungshow. Teilweise springen sie ein paar Meter in die Luft und lassen sich aufs Wasser platschen. Wir sind komplett überwältigt. Es gibt das Sprichwort: „Segeln ist die teuerste Art unbequem zu reisen“ - aber solche Momente sind unbezahlbar und können auf keine andere Art und Weise erlebt werden. Sie lassen uns all die Strapazen und Unannehmlichkeiten innerhalb einer Sekunde vergessen und wir sind dankbar, nicht einfach in den Flieger gestiegen zu sein.
Etmal: 135 nm
Distanz bis Tobago: 416 nm
Essen: Nudelsalat, Süßkartoffelpüree mit Tempeh
Adventkalender Kuvert 15: Danke Dean für die Zeichnung. Wir finden sie echt „kulli“. Es ist nämlich eine Adventkerze gezeichnet mit Kugelschreiber. Sie wird Teil unserer Weihnachtsdeko.
Atlantiküberquerung Tag 15
Tue Dec 17 2024 19:32:00 GMT-0100 (Cabo-Verde-Normalzeit)
Nachdem Tintifax gestern unverrichteter Dinge nach Sonnenuntergang schlafen gelegt wurde, geht es heute in die zweite Runde für ihn. Kurz später war klar, die gestrige Niederlage lässt er nicht einfach auf sich sitzen - der Hund bellt und wir sehen einen Fisch hinter dem Boot springen. Schon beim Einholen der Angelleine wird klar, dass es ein großer Fisch sein muss. Während Peter die Angelleine Stück für Stück einholt, spekulieren wir ob es ein Mahi Mahi oder ein Thunfisch ist, da hört es dann mit unseren Fischkenntnissen nämlich auch schon auf. Wir staunen nicht schlecht als wir den Fisch sehen… er ist länglich und hat silberne Haut mit blauen Steifen. Das Markanteste ist aber, dass er eine riesige, gespitzte Schnauze mit duzenden scharfen Zähnen hat. Wir glauben, dass wir einen Baracuda an den Leine haben und der ist nicht zu klein. In diesem Moment sind wir zugegeben ein bisschen überfordert, aber hilft ja nichts - Ölzeug, Rettungsweste, Handschuhe und feste Schuhe zur Sicherheit anziehen und rauf damit. Mit 105 cm Länge ist das mit Abstand unser größter Fang und die Frage, was wir bis zu unserer Ankunft in Tobago essen, wäre damit wohl auch geklärt.
Der Wind macht derweil seltsame Dinge mit uns, das regnerische Wetter scheint den Passatwind ein wenig durcheinander gebracht zu haben. So sind wir während dem Fischzerlegen einen kleinen Halbkreis gefahren ohne es zu merken. Jetzt fahren wir wieder in die richtige Richtung. Heute haben wir auch den ersten richtigen Squall (isolierte Unwetterzellen) abgeschossen, auch wenn dieser nicht sonderlich groß und auch nicht wirklich spektakulär war. Die letzten Wochen haben wir zwar immer mal wieder welche am Horizont gesehen, bis jetzt hatten wir aber immer Glück und sie sind an uns vorbeigezogen oder haben uns nur leicht tangiert.
Wir sind jetzt an den letzten 10% unserer Überfahrt angekommen und geistig sind wir schon beim Festmachen in Tobago - dabei vergessen wir immer, dass es in absoluten Meilen schon noch ein gutes Stück ist und zumindest noch zwei Nächte zwischen uns und dem karibischen Inseltraum liegen. Wir werden die Ruhe vor dem Ankommen noch genießen und nutzen die Zeit um unseren Aufenthalt in Ankerbuchten und Landausflüge zu planen.
Etmal: 148 nm
Distanz bis Tobago: 263 nm
Essen: Nudelsalat, Süßkartoffelpüree, diesmal wirklich mit Fisch (Baracuda - später stellt sich heraus, dass es ein Wahoo ist)
Adventkalender Kuvert 17: Danke an Astrid für die liebe Nachricht! Es sind wirklich gerade besondere Zeiten und es freut uns sehr, dass es dir gut geht. Bald können wir wieder plaudern, denn bald haben wir es auf die andere Seite des Ozeans geschafft. Die Umarmung aus der Ferne können wir nur zurückgeben!
Atlantiküberquerung Tag 16
Wed Dec 18 2024 19:15:00 GMT-0100 (Cabo-Verde-Normalzeit)
Heute Nacht waren wohl die arbeitsreichsten Nachtschichten, die wir bisher hatten. Wir haben schon gewusst, dass es immer wieder regnen soll, aber haben auf etwas stabileren Wind gehofft. Der Regen ist mit den bisher schon mehrmals erwähnten Squalls, also lokalen Regenzellen gekommen. Diese kommen immer aus Osten und bewegen sich nach Westen. Durch den noch fast vollen Mond sind die dunklen Wolkenbänder mit den darüberschwebenden Cumulunimbuswolken gut zu erkennen. Sobald die Wolken näher kommen und den Nachthimmel verdunkeln rollen wir das Vorsegel weg, denn vor dem Regen kommt meist auch mehr Wind. Diese Arbeit können wir alleine machen ohne das Cockpit zu verlassen. Der Wind dreht dann von Osten nach Südosten und weht mit bis zu 30 Knoten. Über den Winddreher freuen wir uns immer besonders, der sorgt nämlich verlässlich dafür dass wir kurzzeitig in die komplett falsche Richtung fahren. Deswegen haben wir heute ca. eine Stunde Fahrt nach Süden nachzuholen. Nach dem Winddreher kommt der Regen. Manchmal nieselt es nur, aber hin und wieder schüttet es ganz ordentlich. Nach der Regenfront ist ganz wenig Wind, bis wieder der gewohnte Ostwind mit ca 18-20 Knoten einsetzt. Also können wir spätestens dann das Vorsegel wieder setzten. Das Spiel wiederholt sich ca. einmal pro Stunde.
Damit wir trotz anstrengender Nächte am nächsten Tag topfit sind (so zumindest die Theorie), wechseln wir uns in der Nacht alle drei Stunden ab. Heute hat Ines von 21-24 Uhr gestartet, gefolgt von Peter (0-3 Uhr) und Stefan (3-6 Uhr). Zum Schluss übernimmt wieder der erste, bis alle munter sind, von 6-8/9 Uhr. Damit man nicht immer dieselbe Schicht hat und auch hier und da in den Genuss der guten Schicht kommt (wir sind uns allerdings sehr uneinig welche eigentlich die gute Schicht ist - „Jede Schicht ist die beste Schicht.“), dreht sich das Schichtrad jede Nacht um eins weiter. So werden die Schichten kommende Nacht folgendermaßen aussehen: Stefan 21-24 Uhr, Ines 0-3 Uhr, Peter 3-6 Uhr, Stefan 6-9 Uhr. Das System hat sich für uns sehr gut bewährt und untertags ist auch noch genug Zeit zu schlafen.
Kurz vor 17:00 scharen wir uns schon um das iPad, auf dem wir unsere Route auf der Seekarte geplant haben. Mit einem Silvester-ähnlichen Countdown zählen wir die Zehntel-Meilen hinunter bis schließlich Folgendes aufscheint: „Verbleibende Meilen: 99,9“. Damit sind die letzten 100 Seemeilen angebrochen und unser Ziel wird ein ganzes Stück greifbarer. Wir feiern den Moment kurz und läuten die nächsten Schritte ein. Zuerst hissen wir feierlich die Flagge von Trinidad und Tobago zusammen mit der gelben Quarantäne-Flagge (diese muss vor Erledigung der Behördenwege für die Einreise geführt werden) an der Steuerbordseite. Ähnlich feierlich kramen wir eine Flasche Cava, die wir von unseren Segellehrern Chris und Mandy in Lanzarote bekommen haben, und ein paar kanarische Bierflaschen hervor und kühlen diese ein - wir wollen ja ordentlich vorbereitet sein, wenn wir (planmäßig) morgen um die Mittagszeit in Pirate‘s Bay einlaufen.
Mit der Fahrt in den Sonnenuntergang bricht auch unsere letzte Nacht am offenen Atlantik an - obwohl wir alle schon mehr als bereit für die Freuden des Landlebens sind, sehen wir dem Ende der Überquerung mit gemischten Gefühlen entgegen. Immerhin haben wir uns alle drei schon mehrere Jahre auf diesen Abschnitt vorbereitet und jetzt geht er wirklich zu Ende. Die Freude überwiegt aber ganz klar und wir freuen uns ab morgen die Buchten, Korallenriffe, Ortschaften und Dschungel von Tobago erkunden zu können.
Etmal: 130 nm
Distanz bis Tobago: 141 nm
Essen: Hot Dogs, Nachos als Nachmittagssnack, Fisch mit Reis und Weißweinsoße
Adventkalender Kuvert 18: Danke Lexi und Marcel für das „liebe“ Gedicht und die 2. Socken. Jetzt haben wir jeder ein Paar. Wir vermissen euch auch schon!
Zum Abschluss der Spruch der letzten Tage: „Atlantik, Atlantik bitte mach uns nicht granting!“
Atlantiküberquerung Tag 17
Thu Dec 19 2024 09:24:00 GMT-0100 (Cabo-Verde-Normalzeit)
In der letzten Nacht vor unserer Ankunft in Tobago zeigt der Atlantik noch einmal eindrucksvoll, was er alles kann. Die ganze Nacht sind wir mit Squalls beschäftigt, die insgesamt deutlich heftiger als gestern ausfallen und immer mit Schüttregen daher kommen. Gegen 4 Uhr morgens hat uns ein Squall böse überrascht. Der Wind frischte innerhalb weniger Sekunden auf über 30 Knoten auf und wir haben es nicht rechtzeitig geschafft das Vorsegel einzurollen. Daraufhin folgte ein ganz schönes Chaos was zu unserer ersten und einzigen „All hands on deck“-Situation während der Nacht führte. Von einem Back-stehenden Großsegel bis hin zu einer ausgefädelten Genoa-Schot war in diesen Minuten alles dabei, das ganze natürlich bei 25-35 Knoten Wind und Regen. Aber auch das haben wir nach kurzer Zeit ohne Schäden an Material und Mannschaft geschafft. Auch wenn die letzte Nacht alles andere als angenehm war, gehört das ebenfalls zur Atlantikerfahrung dazu. Außerdem fühlt es sich ein bisschen so an als würden wir vor Augen geführt bekommen, was wir uns eigentlich die letzten 2 Wochen größtenteils erspart haben. Aufgrund der schlechten Sicht sehen wir das Land erst heiße 5 Meilen vor Ankunft- zugegeben nach 16 Tagen auf See haben wir uns den Land-in-Sicht-Moment bei schöneren Bedingungen vorgestellt, es ist trotzdem überwältigend.
Kurz nach dem Land-in-Sicht Moment kommt der nächste Squall mit 30 Knoten Wind, es schüttet nochmal so richtig und die Hügel von Tobago verschwinden wieder komplett hinter einem Regenschleier. Stefan und Peter nutzen die natürliche Regendusche, die zuerst noch schön tropisch warm ist, doch dann doch recht schnell kühl wird.
Auch wenn es regnet, ein bisschen Märchen dürfen wir dann bei der Ankunft doch noch erleben. Eine Seemeile vor dem Einfahren in Pirate‘s Bay tauchen Delfine auf und begleiten uns bis in die Ankerbucht. Ein mehr als gebürtiges Empfangskomitee wie wir finden. Na, Spaß beiseite, das war Wahnsinn! Kurz bevor wir um das letzte Kap vor der Buchteinfahrt fahren, überströmt uns der erdige Duft von Regenwald. Nach über 2 Wochen Meeresluft eine mehr als willkommene Abwechslung. Uns war nicht klar, wie gut Land eigentlich riechen kann. Über uns kreisen tropische Vögel (liebevoll Flugsaurier genannt) und wir sehen einen Albatross. Um 10:10 Ortszeit machen wir dann final an der Boje in Pirate’s Bay vor Charlotteville fest. Geschafft! Wir sind wirklich in der Karibik! Zur Feier öffnen wir den gekühlten Sekt und nach einer Sektdusche stoßen wir feierlich auf die erfolgreiche Überquerung des Atlantiks an. Allein das Schreiben des letzten Satzes fühlt sich immer noch surreal an.
Im Laufe des Tages folgt noch ein finales Fazit inklusive Ankunftsfoto. Wir frühstücken jetzt erst einmal in Ruhe, den Sekt haben wir ja schon gekillt.
Etmal: 140 nm
Übrige Distanz bis zur Ankunft um 10:10 Ortszeit: 4,5 nm
Wir lösen natürlich auch den restlichen Adventkalender noch auf:
Adventkalender Kuvert 19: Danke Brenda für den süßen Brief! Wir freuen uns schon dich nächsten Jahr auf der Hochzeit wieder zu sehen!
Adventkalender Kuvert 20: Danke Uschi und Michi für die lustigen Seemannssprüche. Wir freuen uns natürlich euch im Mai alle möglichen Geschichten zu erzählen. Wer fiert verliert!
Adventkalender Kuvert 21: Vielen Dank an Lampel und Kathi für den Brief und den Link zu den verrückten Videos. Zum Glück waren wir schnell und konnten uns die Videos in der Ankerbucht schon anschauen.
Adventkalender Kuvert 22: Vielen Dank an Mogli und Papa für die liebe Karte und die fein selektierten Seemannsweihnachtslieder und natürlich Euer Gedicht! Mit dem Marzipan habt ihr alles richtig gemacht - ihr wisst ja doch, was uns besonders gut schmeckt!
Adventkalender Kuvert 23: Vielen lieben Dank an all unsere Großeltern. Danke Großis für die lieben Worte und super Pickerl! Danke auch an Hoadinger Oma und Mieslingtaler Oma für die Nachrichten. Wir freuen uns auch schon auf einen gemeinsamen Heurigenbesuch beim Karli!
Adventkalender Kuvert 24: Ein großes DANKE an all unsere Familie und Freunde, die uns Nachrichten, Fotos, aufheiternde Worte, etwas Süßes oder andere Kleinigkeiten geschickt haben. Wir haben uns über jedes einzelne Kuvert gefreut, es war wirklich ein Highlight das nächste bei der täglichen Adventjause aufmachen zu können. Danke, dass ihr uns unsere Überfahrt versüßt habt und ans uns denkt. Wir können uns wirklich sehr glücklich schätzen! Danke auch nochmal an Lena, mein Schwesterherz, die nicht nur die Idee hatte, sondern auch alles zusammengetragen und verziert hat. Wir haben Dich lieb!